IRAK – Flug , die Zweite ...
Bericht von "Frieden Jetzt Chemnitz" über den 1. Direktflug von Frankfurt nach Bagdad
Leserbrief zu junge W elt vom 9./10. Juni: »Viel Aufregung um den Flug 154 M«
Auch Frieden Jetzt Chemnitz war Teilnehmer des 1. Direktfluges von Frankfurt nach Bagdad und ich kann das Erlebte im IRAK nicht mit dem Artikel vom Peter übereinbringen. Es muß mehr erklärt werden, als nur unkommentierte Reisebeschreibungen und Allgemeines.
Dieser IRAK Flug hatte weitreichende Bedeutung für alle Teilnehmer. Jeder der mit flog, war sich der Gewißheit bewußt, daß er sich in Gefahr begibt. Beiden Seiten hätte nichts besseres passieren können, als das ein Verrückter auf einen Knopf drückt und diese Maschine herunter holt. Ich selbst war während des Jugoslawienkrieges mit dem zweiten Vorsitzenden unseres Vereins in Serbien mit Hilfsgütern und auch wir gerieten auf dem Rückweg in einen Angriff. Wenn es um die Durchsetzung politischer Ziele geht, interessieren Menschenleben nicht. Zahlreiche zivile Fahrzeuge und ein Zug , Schulen und Krankenhäuser , die im Jugoslawienkrieg zerstört wurden, bestätigen dieses Argument. Also ist jedem Teilnehmer die Teilnahme hoch anzurechnen. Sicher waren wir "bunt gemischt", aber ich halte die Formulierung nach Art "Besuchsmitflieger wegen der Einfachheit" schlichtweg einfach für falsch. Sicher waren auch einige Vertreter von mittelständischen Unternehmen darunter – gut so – jeder Arbeitsplatz der im IRAK geschaffen oder gehalten wird, sichert einer Familie das Überleben.
Und wir sollten bei der Reise in den IRAK nicht von dem reden, worüber alle reden – von Saddam – wir sollten von den Menschen und unseren Eindrücken sprechen. Ich habe nun nach einer Woche die Worte wiedergefunden und kann auch darüber sprechen. Noch zwei Tage nach der Reise konnte ich es nicht.
Wir haben Kinder im Saddam-Krankenhaus von Bagdad gesehen, die zum Sterben nach Bagdad gekommen sind. Sie werden nie wieder spielen und herum tollen und können nicht verstehen, warum ihr Leben noch bevor es richtig begann, schon wieder zu Ende ist. Da liegt vor uns ein kleines Mädchen, der Chefarzt erklärt teilnahmslos und eigentlich gebrochen die Symptome der Krankheit. Überall in Ihrem Körper befinden sich Krebszellen. Sie wird sterben. Daneben ein kleiner Junge vielleicht vier oder fünf Jahre. Seine großen dunklen Augen sehen uns an, Leukämie. Prof. Dr. G. , Vorstandsvorsitzender "Internationale Ärzte für die Verhinderung eines Atomkrieges " faßt in deutsch zusammen, ".. die Situation ist lebensbedrohlich, das Kind wird sterben ...". Ein Zimmer weiter, zwei Mädchen, eines davon hat ihre Kopfhaare verloren als Folge eine Chemotherapie. Verabreicht können nur einzelne Bestandteile der Chemotherapie , mehrere Komponenten sind nicht lieferbar – Embargo. Ich möchte hier nicht falsch verstanden werden. Auch in Deutschland sterben Kinder an Krebs und an Leukämie. Die Ohnmacht im IRAK ist, das die meisten Kinder nicht sterben müßten, wenn Medikamente da wären. Im Jahre 2000 starben 80.000 Kinder unter 5 Jahren an Krankheiten, über die man in Deutschland lacht.
Kinder werden im IRAK teilweise ohne Schmerzmittel behandelt, ich wünsche niemandem in Deutschland solches für seine Kinder.
Und auch das möchte ich den "Gegnern des IRAK-Fluges" sagen. Jedes pro und contra zum IRAK ist nicht das Sterben eines Kindes wert.
Der Minister für Gesundheit und auch der Minister für Handel bringt es dann noch einmal auf den Punkt. Der IRAK wird "zur Ader gelassen und ausgeblutet". Von 1997 bis 2000 lieferte der IRAK für 45 Mrd. US $ Öl , Zurück bekam er in Form von Warenlieferungen 11,5 Mrd. US $. 33 Mrd. US $ werden von der UNO zurück behalten bzw. sind "abgezweigt".
Ich lerne die einfachen Menschen in Bagdad auf dem Basar (mit Peter) kennen. Sie sind herzlich und aufgeschlossen, versuchen ihre Not zu überspielen, aber ich erkenne, die Mittelschicht löst sich auf. Viele verkaufen alles, ihre Häuser, ihren Schmuck ... alles ... und landen irgendwann "unten". Und dann gibt es noch einige Neureiche, Spekulanten, die am Embargo reich geworden sind, aber das ist kein Problem des IRAK, denn die gibt es in allen Ländern der Welt.
Resümè: Das Embargo gegen den IRAK muß sofort und ohne Vorbedingungen fallen. Der IRAK hat sich dafür zu öffnen und die Menschen müssen, wenn das Embargo gefallen ist, selbst und frei entscheiden, welche Regierung sie führen soll. Eine Einmischung von außen (ein Vorschreiben) ist nicht zulässig.
Ich möchte hier noch einmal klar stellen. Ich erkenne die Defizite im Land und ich weiß von Exil-Irakern, wie es im Land zu geht. Ich bin nicht blind, aber das Embargo trifft nur die schwächsten Glieder in der Gesellschaft, Frauen, Kinder und alte Menschen. Deshalb : Schluß mit dem Embargo – Jetzt !
Jürgen Fischer
Vorsitzender "Frieden – Jetzt – Chemnitz "
Wir bereiten weitere Hilfslieferungen vor. Unser Spendenkonto: Frieden Jetzt Chemnitz , Sparkasse Chemnitz, Kto.: 455 20 60 207, BLZ 870 50 000