UN-Resolution 1483 und die aktuelle Entwicklung im Irak
"Initiative gegen das Irak-Embargo" stellt Arbeit ein und tritt für ein internationales Irak-Kriegs-Tribunal ein:
Der UN-Sicherheitsrat hat mit der Resolution 1483 am 22. Mai nach fast 13 Jahren die Wirtschaftssanktionen gegen den Irak aufgehoben. Die "Initiative gegen das Irak-Embargo Deutschland" stellt daher ihre Arbeit ein, fordert aber weiterhin eine kritische Aufarbeitung der Irakpolitik der letzen 13 Jahre – eine solche Katastrophe unter dem Dach der Vereinten darf sich nicht wiederholen. Sie tritt für ein internationales Tribunal "von unten" über 13 Jahre Krieg und Embargo.ein und ruft zudem dazu auf, die weitere Entwicklung im Irak unter Besatzung kritisch zu beobachten und für das Recht der irakischen Bevölkerung auf Selbstbestimmung einzutreten.
Erst die Resolution 1483 ist eine Niederlage der UNO
Ein Ende des Embargos war überfällig, es wurde von Hilfsorganisationen, UN-Mitarbeiten und Völkerrechtlern schon seit Jahren gefordert. Doch die neue Resolution war keine Wiedergutmachung für das bisher angerichtete Unheil, sondern ein weiterer massiver Verstoß gegen internationales Recht. Sie legitimiert durch die Anerkennung der Besatzung nachträglich den illegalen Krieg.
Nicht die Tatsache, dass die USA und ihre "Koalition der Willigen" gegen den Willen der Weltgemeinschaft in den Irak einmarschierten, markiert die Niederlage der Vereinten Nationen, sondern die nachträgliche Akzeptanz dieser Aggression durch die Resolution 1483.
Die neue Resolution legitimiert die Besatzung und gesteht den Besatzungsmächten die umfassende Kontrolle über die weitere Entwicklung im Irak zu. Die Spannweite der Machtbefugnisse, die den Besatzungsmächten über die politische und wirtschaftliche Entwicklung des Irak gewährt werde, gehe über alle vergleichbaren internationalen Verträge hinaus, befand auch die "New York Times".
Diese Zugeständnisse wiegen umso schwerer, als eine Verurteilung des völkerrechtswidrigen Angriffs durch eine Mehrheit des Sicherheitsrats – auch gegen das Veto der kriegführenden Staaten – oder der Vollversammlung unterblieb. (Näheres hierzu in unserer Stellungnahme zur Resolution 1483)
Während der UNO über den Sonderbeauftragten des Generalsekretärs wenigstens noch eine Beratungsfunktion zugestanden wird, sind die Einflussmöglichkeiten von irakischer Seite marginal.
Aufarbeitung von 13 Jahren Krieg und Embargo
Selten zuvor wurde Völkerrecht so offen gebrochen wie mit dem Überfall auf den Irak. "Die Entfesselung eines Angriffskrieges ist nicht nur ein internationales Verbrechen" urteilten einst die Richter des Nürnberger Tribunals, "es ist das schwerste internationale Verbrechen, das sich von anderen Kriegsverbrechen nur dadurch unterscheidet, dass es in sich alle Schrecken der anderen Verbrechen einschließt und anhäuft." Neben dem Verbrechen der Aggression werden auch zahlreiche Vorwürfe über schwere Verbrechen im Krieg erhoben. Hierzu zählen die massive Bombardierung ziviler Ziele, Angriffe auf Journalisten und der Einsatz geächteter bzw. besonders grausamer Waffen, wie Streubomben und uranhaltige Munition – diesmal sogar in städtischen Wohngebieten.
Schließlich sind auch bei der Ausübung der Besatzungsherrschaft, Verstöße gegen die Genfer Konvention zu erkennen, wie die mangelnde Bereitschaft, für ausreichende Versorgung und Sicherheit zu sorgen, die unverhältnismäßige bzw. willkürliche Anwendung von Gewalt gegen die Zivilbevölkerung, die Behandlung der Gefangenen, Foltervorwürfe usw..
Die Invasion des Iraks war nur der Endpunkt eines langen Krieges, der durch Belagerung und Bombenangriffe aus der Luft die Lebensgrundlagen von 22 Millionen Menschen bereits zuvor systematisch zerstört hatte. Das mörderische Sanktionsregime, das für den Tod von mehr als eineinhalb Millionen Menschen verantwortlich gemacht wird, wirft gemäß UN-Menschenrechtskommission sogar "Fragen in bezug auf die Völkermordkonvention" auf.
Es gibt keine Institution, die in absehbarer Zeit diese schweren Verbrechen untersuchen würde. Nötig ist daher ein internationales Tribunal "von unten", um mittels sorgfältiger Recherchen, öffentlicher Anhörungen und Tribunalsitzungen, eine gut aufgearbeitete Dokumentation über den Krieg und seine Vorgeschichte zu erhalten, mögliche Kriegsverbrechen zu untersuchen, Gegenöffentlichkeit zu schaffen und schließlich öffentlich Anklage gegen die Verantwortlichen zu erheben.
Untersucht werden muss – mit den Methoden eines juristischen Prozesses – zudem die gesamte Vorgeschichte der Aggression, das UN-Embargo und die langen Jahre des verdeckten Krieges in den sog. Flugverbotszonen und nicht zuletzt auch die aktuelle Situation im Irak unter Besatzung und die Politik der Besatzungsmächte.
Schließlich muss auch die Verantwortung Deutschlands, der EU und der UNO für die Fortdauer der Sanktionen und die nachfolgende Invasion, sowie die deutsche Unterstützung des Krieges, Gegenstand der Untersuchung sein.