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»Der Widerstand kommt aus der Bevölkerung«

INFC ist Sammelbecken unterschiedlicher Strömungen. Widerstand gegen Besatzung des Irak ist moderat und islamisch. 
Ein Gespräch mit Scheich Jawad Al Khalisi

Interview von Herbert Docena, Focus of a Global South
junge Welt, 07.03.2005 / Ansichten / Seite 2
Original: The Iraqi resistance is a popular resistance ZNet, 23.2.2005

* Scheich Jawad Al Khalisi ist Generalsekretär des »Iraqi National Foundation Congress« (INFC – Irakischer Nationaler Gründungskongreß). Der INFC versteht sich als politisches Sammelbecken der Opposition gegen die US-Besatzung.

F: Wie ist der Irakische Nationale Gründungskongreß (INFC) entstanden?

Die Besatzungsmächte haben den Irak militärisch, politisch und wirtschaftlich erobert, der irakische Staat wurde zerstört. Da war es nötig, eine nationale Organisation zu schaffen, die alle Oppositionskräfte vereinigte. Das ist der Hauptgrund, warum wir den INFC geschaffen haben – allerdings hatten wir schon vor der Invasion darüber nachgedacht. Im INFC ist der Widerstand in unterschiedlichen Formen vertreten. Wir haben zwar keinen direkten Kontakt zu militärischen Widerstandsgruppen – sie informieren uns aber schriftlich.

F: Was sind Ihre Forderungen?

Als erstes verlangen wir den sofortigen Rückzug der Besatzungstruppen und die sofortige Wiederherstellung der Souveränität des Irak. Zweitens bestehen wir auf der Einheit unseres Territoriums. Drittens meinen wir, daß der Widerstand legitim ist – und zwar mit allen Mitteln, die nötig sind. Viertens wenden wir uns gegen eine Aufspaltung der Bevölkerung nach religiösen Strömungen.

F: Die USA behaupten immer wieder, der Widerstand rekrutiere sich aus »antiirakischen« Kräften oder Anhängern der ehemaligen Baath-Partei.

Das US-Militär hat in Falludscha nach eigenen Angaben 1 065 Menschen gefangengenommen, darunter 25 Ausländer. Der Widerstand ist also ein irakischer Widerstand, ein Volkswiderstand, der sich immer weiter ausdehnt. In den Widerstandsgruppen gibt es auch ehemalige Offiziere, die ihre Fachkenntnisse einbringen. Ideologisch gesehen ist der Widerstand gemäßigt, patriotisch und islamisch – und keineswegs durch Baathisten geprägt.

Das heißt, daß die Iraker aus eigener Initiative gegen die Besatzung kämpfen, wobei sie aus patriotischen und religiösen Motiven handeln. In der Antikriegsbewegung des Westens gibt es Linke, die zwar gegen die Besatzung sind, aber den Widerstand nicht unterstützen wollen. Sie begründen das damit, er werde von Baathisten und Fundamentalisten angeführt, und es dürfe nicht zugelassen werden, daß diese nach dem Abzug der Besatzungsmächte den Irak beherrschen. Damit übernehmen sie aber die Propaganda der Besatzungsmächte.

Mit »islamisch« meine ich die moderate Richtung – nicht das Zerrbild, das in den westlichen Medien verbreitet wird. Es ist eine islamische Strömung, die ihre Kultur und ihre Nation verteidigt, eine Strömung, die keineswegs feindlich anderen Kulturen oder Nationen gegenüber eingestellt ist.

F: Wie viele Saddam-Anhänger oder radikale »Islamisten« gibt es in der Widerstandsbewegung?

Ich schätze mal, sie machen zwischen fünf und zehn Prozent aus, wobei die letztere Gruppe stärker ist. Saddam-Anhänger gibt es nur wenige – wohl aber Anhänger der Baath-Partei, die gegen Saddam sind und ihn für all das verantwortlich machen, was geschehen ist. Sie stehen immer noch zu den ursprünglichen Zielen der Baath-Partei. So mancher von ihnen hat sich auch von der Baath-Partei abgekehrt, macht aber trotzdem im Widerstand mit.

F: Welche Differenzen gibt es zwischen den Widerstandsgruppen, und wie stehen die Chancen, eine gemeinsame Front zu bilden?

In manchen Gegenden gibt es sechs oder sieben Guerilla-Gruppen, die sich aus der Bevölkerung gebildet haben, aber unabhängig operieren. Nach anderthalb Jahren erleben wir, daß solche Gruppen immer enger zusammenarbeiten. Das wird sich in den kommenden Monaten intensivieren. Die wichtigste Unterstützung dabei kommt aus der irakischen Bevölkerung.

(Übersetzung: Gerd Feldkamp)

* Info: Ein Vertreter des INFC ist am Samstag in Berlin Referent bei der Internationalen Irak-Konferenz. 10 bis 19 Uhr – im Hendrik-Kraemer-Haus, Lindenstraße 85, 10969 Berlin (Kreuzberg)

www.irakkonferenz.de