Berliner Zeitung, 21.06.2001 Irak meldet Tote nach Luftangriffen USA und Großbritannien bestreiten Berichte aus Bagdad / Streit um UN-Sanktionen BAGDAD,
20. Juni. In Nordirak sind bei einem amerikanisch-britischen Luftangriff
nach irakischer Darstellung 23 Menschen getötet und elf verletzt
worden. Die amerikanischen Streitkräfte und das britische Verteidigungsministerium
dementierten dies am Mittwoch umgehend. In den vergangenen beiden Tagen
sei nicht geschossen worden, hieß es. Die amtliche irakische Nachrichtenagentur
INA meldete dagegen, die Flugzeuge hätten ein Fußballfeld in
Tall Afar beschossen, 440 Kilometer nordwestlich der Hauptstadt Bagdad.
Die Opfer seien am Morgen begraben worden, hieß es weiter. Am Dienstag hatte INA unter Berufung auf einen irakischen Militärsprecher berichtet, die Alliierten hätten versucht, zivile Ziele in Nordirak anzugreifen, seien aber durch die irakische Luftabwehr vertrieben worden. Ein Flugzeug sei getroffen worden. Ein Sprecher des Kommandos der US-Streitkräfte in Europa bezeichnete die irakische Darstellung als absolut falsch. Das britische Verteidigungsministerium bestätigte, dass alliierte Flugzeuge am Dienstag und Mittwoch beschossen wurden, sie hätten das Feuer aber nicht erwidert. "Dies ist nur ein weiteres Beispiel irakischer Propaganda", hieß es in einer Mitteilung des Ministeriums. Der Sprecher des Weißen Hauses, Ari Fleischer, sagte in Washington, die Vorwürfe seien völlig haltlos. Flugzeuge der USA und Großbritanniens kontrollieren regelmäßig die Einhaltung eines von den Alliierten verhängten Flugverbots im Norden und Süden Iraks. Dabei kommt es immer wieder zu militärischen Zwischenfällen. Die Regierung in Bagdad erkennt das Flugverbot nicht an, das im Anschluss an den Golfkrieg vor zehn Jahren zum Schutz der oppositionellen Schiiten und Kurden in Irak verhängt worden war. In den vergangenen Wochen hatte sich der internationale Streit um die Politik gegenüber Irak zugespitzt. Neben den Flugverbotszonen standen vor allem die 1991 über das Land verhängten UN-Sanktionen im Mittelpunkt der Debatte. So hatte der frühere Leiter des humanitären Hilfsprogramms der Vereinten Nationen für Irak, Hans von Sponeck, die UN-Sanktionen als Verletzung der Menschenrechte kritisiert. Nur im Falle einer vollständigen Aufhebung der Strafmaßnahmen hätten die Iraker die Chance, wieder ein normales Leben zu führen, sagte der deutsche Diplomat am Sonntag auf einer Pressekonferenz in Bagdad. Sein Amtsvorgänger Dennis Halliday verglich die Auswirkungen der Sanktionen mit einem Völkermord. Der UN-Sicherheitsrat will in der kommenden Woche eine Sitzung zur humanitären Situation in Irak abhalten. Der Rat gab am Mittwoch einem Antrag Russlands statt. Der amtierende Ratsvorsitzende, der bengalische UN-Botschafter Anwarul Chowdhury, erklärte, alle 15 Ratsmitglieder unterstützten die Sitzung, die am Dienstagnachmittag in New York stattfinden soll. (AP, dpa) |