Joachim Guilliard, 25.1.2005
„Arundhati Roy sprach über die Bombardierung Afghanistans mit Butter. Hier sind sie dabei das Land mit Stimmzetteln zu bombardieren: Wahlen als eine Kriegswaffe im wahrsten Sinne des Wortes“ Naomi Klein
Im Irak wählen die Menschen am 30. Januar ein Parlament. Nicht nur George Bush, auch deutsche Medien wie z.B. der Spiegel reden von den „ersten freien Wahlen im Irak seit 50 Jahren“. Doch wie frei können Wahlen sein, die nicht nur unter Besatzung stattfinden, sondern auch von der Besatzungsmacht organisiert werden?
Für viele ist die Gewalt des irakischen Widerstands, das einzige gravierende Problem bei den Wahlen und die Frage der Ablehnung der Wahlen wird fast durchgängig als ein konfessioneller Konflikt zwischen Sunniten und Schiiten beschrieben. Aus diesem Blickwinkel scheint bereits die Durchführung ein Erfolg und wird die Wahlbeteiligung der Gradmesser der Legitimität sein.
Doch ist die Gewalt, die es vor und während und nach dem 30. Januar geben wird, nicht das Hauptproblem bei diesen Wahlen. Sie ist umgekehrt eher eine Folge deren Konzeption und des gesamten sogenannten „Übergangsprozesses“, der nach Ansicht vieler Iraker nicht zur irakischen Souveränität führen wird, sondern die indirekte Herrschaft der USA über das Land festigen soll.
Und unabhängig davon, ob eine relevante Zahl Iraker am Wahltag ihre Stimme abgeben werden sind die Wahlen weder frei noch fair noch demokratisch.
Sie wurden von der Besatzungsmacht konzipiert und nach den von ihr erlassenen Gesetzen organisiert. Die Besatzungstruppen üben die unkontrollierte Herrschaft über das Land aus. Dadurch und durch den in weiten Teilen des Landes herrschenden Kriegszustandes, wird ein großer Teil der Iraker von vorneherein ausgeschlossen.
Es wird keine internationalen Wahlbeobachter vor Ort geben. Da sich auch nur wenige unabhängige Journalisten im Lande aufhalten, werden die Wahlen weitgehend unter Ausschluss der internationalen Öffentlichkeit stattfinden – in einem Land, in dem das Kriegsrecht der Besatzungsmacht und ihren irakischen Verbündeten völlig freie Hand lässt,
Die wichtigsten Listenverbindungen werden von den Verbündeten der USA angeführt, die durch den Wahlprozess in vielfacher Hinsicht bevorteilt und von halbstaatlichen US-amerikanischen Organisationen massiv unterstützt werden.
Ein Rückzug der Besatzer steht nicht zur Wahl und wurde öffentlich nicht diskutiert. Die meisten Kandidaten bleiben geheim und auch die Plattformen der zur Wahl stehenden Parteien und Listenverbindungen sind weitgehend unbekannt. Als Orientierung bleibt für viele nur die ethnische und konfessionelle Orientierung der Listen. Die Wahlen spalten das Land daher nicht nur in Wahlbefürworter und -gegner, sondern fördert auch ethnische und konfessionellen Spannungen und somit die Gefahr eines Bürgerkriegs.
Gegen all dies machen die Gegner der Wahlen mobil, nicht gegen die Demokratie, wie es im Westen unterstellt wird. Sie fordern seit Beginn der Besatzung freie Wahlen lehnen es aber ab, durch ihre Beteiligung die Politik der Besatzer zu legitimieren. Diese ist keine Frage der Religion, wie es meist dargestellt wird, sondern eine Frage der Haltung zur Besatzung. Der Boykott ist daher dort stärker, wo der Widerstand stärker ist, es beteiligen sich aber Menschen aus allen Bevölkerungsgruppen und allen Region.
Entgegen dem Bild in den Medien setzen die meisten Wahlgegner nicht auf Gewalt. Auch die wichtigsten bewaffneten Gruppierungen haben Anschläge auf Wahlhelfer und Kandidaten verurteilt. Die Gefahr vor Anschlägen dürfte daher auch am Wahltag nicht wesentlich über dem ohnehin sehr hohen alltäglichen Niveau liegen und kaum ein Grund für Wahlenthaltung sein.
Auch international gab es entschiedene Kritik an einem Urnengang zu diesem Zeitpunkt. Doch trotz eindringlicher Appelle aus dem Irak und von internationalen Organisationen hält die Bush-Administration am Wahltermin fest.
Für sie ist es die einzige Chance, das Blatt im Kampf gegen den Widerstand noch zu wenden und ihr genügt, dass die Wahlen mit einer respektablen Wahlbeteiligung über die Bühne gehen. Die Stimmverteilung ist von ungeordneter Bedeutung. Auch wenn wie erwartet, die Mehrheit der Stimmen auf die schiitische Einheitsliste fallen wird, wird sich an der Zusammensetzung der Interimsregierung nicht viel ändern. Da deren Liste von ihren langjährigen Verbündeten angeführt wird, reicht den USA ein respektables Ergebnis ihres jetzigen Premiers Ijad Allawis, um ihn wieder zum Regierungschef machen zu können.
An der prinzipiellen Situation im Irak wird sich durch die Wahlen ebenfalls wenig ändern. Eine ganze Reiher namhafter Experten und Think tanks aus den USA und Europa haben in den Wochen vor der Wahl Analysen vorgelegt, die für die Bush-Administration niederschmetternd sind. Viele sehen den aktuellen Krieg für die USA bereits als verloren an und drängen auf eine völlige Neuorientierung der US-Politik.
Es ist wenig wahrscheinlich, dass die US-Administration – gestärkt durch die Wiederwahl Bushs – die Ratschläge beherzigen. Der Krieg wird daher nach den Wahlen weiter eskalieren.
„Die Leute haben nicht das Gefühl, dass diese [Wahlen] die erste Stufe auf der Leiter zur Demokratie sind, wie es die westlichen Medien unterstellen. Viele Leute empfinden sie als nichts anderes, als den letzten Akt eines wahrhaft miesen Spiels. Es ist das Schlingen des Bandes um das „Demokratiepaket“ das uns überreicht wurde. Drinnen steckt eine Besatzungsregierung, dem das Etikett 'legitimiert durch Wahlen’ angeheftet wurde.” Riverbend, 1.1.2005 [1]
Seit Dezember hängen in immer größerer Zahl Plakate in den Straßen von Bagdad und anderen irakischen Städten. Die verbreitetsten sind die Plakate, auf denen Ayatollah Ali Al Sistanis, die größte religiöse Autorität unter den schiitischen Klerikern, die Iraker auffordert, sich an den Wahlen am 30. Januar zu beteiligen.
212 politische Parteien, Bewegungen und Einzelpersonen haben sich für die Wahlen registrieren lassen die sich schließlich auf ca. 100 Listen verteilten.[2] Doch ist diese beeindruckende Zahl keineswegs ein Ausdruck für einen wirklichen demokratischen Prozess, so der irakische Schriftsteller Mohamed Al-Obeidy, sondern vielmehr des allgemeinen Chaos, das im Irak herrscht.[3]
Wahlplakate und Transparente sind neben einer Fülle von Werbespots im Fernsehen das einzige sichtbare Zeichen, dass das Land zur Wahl schreiten wird. Öffentliche Veranstaltungen finden unter den herrschenden Bedingungen so gut wie keine statt. Die Bevölkerung hat ohnehin größtenteils andere Sorgen. Nach wie vor ist ein beträchtlicher Teil der potentiellen Wählerschaft unmittelbar mit der militärischen Gewalt der Besatzungsmacht konfrontiert und das normale Leben durch Krieg und Besatzung zerstört. Die Widerstandsaktionen breiten sich weiter aus und nach Verlängerung des Ausnahmezustands, wird auch während der Wahlen das Kriegsrecht herrschen.
Die Wahlen wurde von der US-amerikanischen Besatzungsbehörde unter zu Hilfenahme einschlägiger US-amerikanischen Institute konzipiert. Grundlage bildet das „Übergangsverwaltungsgesetz“(Transitional Administrative Law, TAL). Diese von US-Juristen entworfene Interimsverfassung wurde mittels eines von den USA eingesetzten „Regierungsrat“ in Kraft gesetzt. Die Art und Weise der Durchführung regeln Dekrete des damaligen US-Statthalters Paul Bremer, der auch die Besetzung der Wahlkommission vornahm. Die USA verstießen damit erneut klar gegen die Beschränkungen, die das internationale Recht Besatzungsmächten in Bezug auf Eingriffe in soziale, kulturelle, wirtschaftliche und politische Belange der Gesellschaft des besetzten Landes, auferlegt. Sie sind daher nicht nur fehlerhaft, sondern nach Ansicht von Völkerrechtlern wie Sabah Al Mukthar, Präsident der britischen „Liga Arabischer Rechtsanwälte“ und anerkannter Experte des internationalen Rechts, schlicht illegal.[4]
Nach den Plänen der USA für den „Übergangsprozess“ in Richtung Rückgabe nationaler Souveränität soll bei diesen Wahlen eine Nationalversammlung mit 275 Sitzen gewählt werden, die eine Übergangsregierung bestimmt und bis August 2005 eine permanente Verfassung entwirft. Über den Verfassungsentwurf soll im Oktober ein Referendum abgehalten werden und im Dezember auf Basis dieser Verfassung eine erste verfassungsgemäße Regierung gewählt werden.
Technisch gesehen, wird es bei diesen Wahlen keine Wahlkreise geben, das ganze Land wählt einheitlich die selben Listen. Jeder der geschätzten 15,5 Millionen Wähler kann seine Stimme einer Liste geben die aus einer Listenverbindung, einzelnen Parteien oder Einzelpersonen gebildet sein kann.[5] Die Reihenfolge auf der Liste bestimmt wer die eine Liste aufgrund ihrer Stimmenzahl zustehenden Sitze einnimmt. Mindestens jeder vierte Listenplatz muss mit einer Frau besetzt sein, um einen Frauenanteil in der Nationalversammlung von 25% zu gewährleisten.
Von UN-Experten wurde ein System favorisiert, das an Iraks traditionelles Wahlkreissystem anknüpft. Auch ein einfacheres System, das sich an den 18 Gouvernaten orientiert, war im Gespräch. Hauptvorteil solcher Systeme wäre, dass dadurch eine angemessene Repräsentation der Regionen gewährleistet würde und die Wähler die Kandidaten besser kennen würden. In den von der UNO organisierten Wahlen in dem damals noch besetzten Ost-Timor war z.B. das wesentlich kleinere Land in 12 Wahlkreise unterteilt worden. [6]
Auch der Chef der Wahlkommission, Saad Abdel Wahab, sprach sich im November für eine Änderung des Wahlsystems aus. Das jetzige könne vielleicht in einer stabilen Situation akzeptabel sein, wo die politischen Parteien im ganzen Land für sich werben können, aber nicht unter den herrschenden Bedingungen. [7]
Hier sind die wenigen Organisationen klar im Vorteil, die landesweit agieren und für sich werben können, d.h. im wesentlichen die, die aktuell in der Interimsregierung sind und logistisch und finanziell von der Besatzungsmacht unterstützt werden. [8]
Da die Sicherheitsbedingungen nach Auflösung der irakischen Armee und Polizei allgemein katastrophal sind und in weiten Teilen des Landes regelrecht Krieg herrscht, ist es fast nirgendwo möglich, Wahlveranstaltungen durchzuführen. Der Wahlkampf wird sich daher weitgehend auf Radio und Fernsehen beschränken müssen. Eine Arena in der Allawi klar im Vorteil ist, da er einen wesentlichen besseren Zugang zu den beiden größten Fernsehsendern des Landes hat, die direkt von der Regierung betrieben bzw. von den USA finanziert werden.[9] Mit Hilfe der Besatzungsmacht kann Allawi es sich auch erlauben, großzügig Geld unter Leute zu streuen um ihre Unterstützung zu gewinnen. So haben z.B. die Lehrer kurz vor den Wahlen einen unerwarteten Sonderbetrag, eine Art „Weihnachtsgeld“ in Höhe von hundert Dollar erhalten und bekamen auch Pensionäre überraschenderweise einen Bonus ausbezahlt. Journalisten wurden nach Pressekonferenzen direkt Umschläge mit 100$-Noten von Allawis Gehilfen überreicht.[10]
Die landesweiten Listen minimieren zudem die Gefahr, dass in größer Zahl prominente US-Gegner in ihren lokalen Hochburgen Mandate ergattern. Zudem können die Wahlen auch dann ein vollständiges Ergebnis liefern, wenn gar nicht in allen Regionen gewählt wurde. Da es sich hier um die Regionen handeln wird, in denen die Besatzungsgegner besonders stark sind, dürfte sich auch dadurch das Wahlergebnis der von den USA favorisierten Kandidaten verbessern.
Viele Gruppierungen sind durch die noch vom alten US-Statthalter Paul Bremer erlassen Wahlgesetze von den Wahlen von vorneherein ausgeschlossen. Insgesamt hat die von Bremer eingesetzte Wahlkommission 56 der 212 Parteien, die sich registrieren lassen wollten, zurückgewiesen.[11]
Besonders problematisch ist eine weitere Ethnisierung der Politik im Irak durch die Wahlen. Da die meisten der aufgestellten Listen ethnische bzw. konfessionell orientiert sind, die Namen der Kandidaten nicht in den Wahlunterlagen enthalten sind, es kaum Wahlveranstaltungen gibt und die Parteien nur vage Plattformen veröffentlichen, bleibt den Wählern kaum ein anderes Kriterium zur Wahlentscheidung. Eine wichtige Rolle spielen daher die Stammesführer und Moscheen, die stark umworben werden.[12] Politische Parteien „gehen zu den führenden Klerikern, um Ansehen bei den Leute zu gewinnen,“ stellte Ahmed al Ruwaee, ein Bagdader Universitätsprofessor fest, der den Wahlprozess kritisch beobachtet. Dieses Vorgehen erzeuge Sektierertum, so al Ruwaee, „statt für ihre Pläne für das Land zu werben, stützen sie sich auf die Loyalität der Bürger zu ihren religiösen Führern.“ [13]. Um die Verwendung des Namens und Konterfeis des angesehensten schiitischen Würdenträger, Großayatollah Ali Al Sistani auf den Wahlplakaten einer der Liste, ist ein regelrechter Streit entbrannt.[14]
Die Wahlen spalten das Land daher in die, die jegliche Zusammenarbeit mit den USA ablehnen und die, die bereit sind, deren Übergangsprozess mitzumachen. Sie fördern ethnische und konfessionellen Spannungen und somit die Gefahr eines Bürgerkriegs. Al-Ghad, eine demokratische linke Zeitung sprach sich ebenfalls aus diesem Grund gegen die Wahlen aus, Sie befürchtet, dass sie zu einem Bürgerkrieg führen würden, „geführt von irakischen Händen, aber gelenkt von der Besatzungsmacht.”[15]
Die UNO, die mit 16 Ratgebern vor Ort ist, spielt bei den Wahlvorbereitungen eine eher untergeordnete Rolle.[16] Federführend ist vielmehr das Center for Transitional and Post-Conflict Governance der „International Foundation for Election Systems“ (IFES), die ihren Sitz in Washington hat und auch bei den aktuellen Wahlen in der Ukraine eine wesentliche Rolle spielte. IFES stellt nicht nur weitere 8 Berater für die Durchführung der Januarwahlen, sondern berät schon seit Beginn der Besatzung die Besatzungsbehörde, sowie das US-Militär im Irak.[17] Ihre Vorschläge, nicht die der UNO-Experten, bilden die Basis für den Wahlprozess. Die Stiftung arbeitet dabei im Rahmen des vom Research Triangle Institute (RTI) geleiteten Local Governance Project der US-Regierung, dessen allgemeines Ziel es ist, irakische Eliten, Organisationen und Regierungsstrukturen aufzubauen, die Führungsaufgaben im Irak im Sinne Washingtons übernehmen können.[18]
Parallel haben u.a. auch das National Democratic Institute for International Affairs (NDI) und das International Republican Institute (IRI) aufwendige Kampagnen gestartet, um den US-Sicht geeigneten Parteien mit Know How und finanziellen Mitteln unter die Arme zu greifen. Die beiden international sehr umstrittenen US-Institute sind eng verbunden mit der Partei, die sie im Namen haben. Sie gelten als „Erweiterungen“ des US State Departments und haben langjährige Erfahrungen in der Beeinflussung von Wahlen in anderen Ländern, ihre letzte Station war die Ukraine. [19]
Den NDI-Vorsitz führt die ehemalige Außenministerin Madeline Albright, pikanterweise also die Frau, die sich im Irak einen Namen machte, indem sie öffentlich den Tod von 500.000 Kinder durch das Embargo damit rechtfertigte, die Sache – der Sturz Saddam Husseins – sei den Preis wert.
IRI wird mit dem Putsch 2002 gegen Präsident Hugo Chavez in Venezuela in Verbindung gebracht und hat auch in Haiti Parteien unterstützt die sich später am bewaffneten Aufstand gegen den demokratisch gewählten Präsidenten Jean-Betrand Aristide beteiligten.
NDI und IRI gehören zudem zu den vier wichtigsten Organisationen, die unter dem Dach der berüchtigten National Endowment for Democracy NED vereint sind, eine unter Präsident Ronald Reagan gegründete Frontorganisation im Kalten Krieg. NED leitet das Projekt im Irak, für das die beteiligten Organisationen neben ihren beträchtlichen eigenen Mitteln, auch auf insgesamt 80 Millionen US-Dollar zurückgreifen können, die von der staatlichen Entwicklungshilfeagentur USAID bereitgestellt wurden. [20]
NDI und IRI haben bereits im April 2003 begonnen im Irak pro-amerikanische Organisationen aufzubauen und der Besatzungsbehörde bei der Einsetzung irakischer Gremien behilflich zu sein. IRI organisierte z.B. die von der Besatzungsmacht im August 2004 einberufene „Nationalen Konferenz“. Hierfür waren 1.000 Delegierte bestimmt worden, die eine 100-köpfige „Interimsversammlung“ wählten, die die Übergangsregierung beraten und kontrollieren soll. Eine wirkliche Wahl fand allerdings nicht statt, letztlich konnten die Delegierten nur eine Einheitsliste mir den in der Interimsregierung vertretenen Parteien abnicken.
Die Registrierung erfolgt auf Grundlage des Lebensmittelzuteilungssystems.[21] Im Zuge der Neuausgabe von Lebensmittelkarten im November wurden die Daten überprüft, vervollständigt und die Wähler registriert. Insgesamt waren 545 Registrierzentren vorgesehen gewesen, nur 455 konnten aber tatsächlich ihre Arbeit aufnehmen. 24 Zentren in der Al Anbar Provinz, in der die umkämpften Städte Falludja, Ramadi, Samarra usw. liegen, blieben von Anfang an geschlossen, 56 Zentren in der Region um Mossul mussten am 11.November geschlossen werden, nachdem sich in Folge des US-Angriffs auf Falluja der Aufstand auch hier massiv ausgebreitet hatte.
Ein großer Teil der internen Flüchtlinge hat keine Möglichkeit, sich als Wähler registrieren lassen. Die Bürger aus Falluja sind komplett ausgeschlossen, da sie aufgrund des US-Überfalls keine neuen Lebensmittelkarten erhalten konnten und komplett aus dem Lebensmittelprogramm herausgefallen sind. Ausgeschlossen sind zudem auch die gut 35.000 Irakerinnen und Iraker, die in britischen und US-amerikanischen Lagern und Gefängnissen gefangen gehalten werden.[22]
Wahrscheinlich würden ohnehin nicht allzu viel wählen gehen. Die meisten Organisationen und religiösen Führer aus den Regionen nördlich und westlich von Bagdad haben zum Boykott aufgerufen. In einer Reihe von Städten sind die angeheuerten Wahlhelfer dem Aufruf – aus Furcht oder Überzeugung – gefolgt und sind zurückgetreten.
Um einiges größer wird die Wahlbeteiligung bei den im westlichen Ausland lebenden Iraker ausfallen, auf deren Teilnahme die USA und ihre Verbündeten großen Wert legen. Knapp 100 Mio. Dollar lassen sie es sich kosten, um den ein bis zwei Mio. wahlberechtigten Auslandsirakern die Teilnahme zu ermöglichen. Mehrheitlich stehen die in Europa und den USA oft schon seit 20-30 Jahren wohnenden Iraker der US-Politik deutlich wohlwollender gegenüber, als die im Land gebliebenen. Ihr Hauptinteresse ist vor allem eine Stabilisierung der Verhältnisse, die wieder normale Beziehungen zu ihrem Herkunftsland erlauben würden. Insbesondere Geschäftsleute warten hierauf schon seit 15 Jahren. Mit der von den USA angestrebten Wirtschaftsordnung könnten sie sehr gut leben und die Fragen der staatlichen Souveränität sind für sie zweitrangig. Wenn sich die Erwartungen der USA und EU erfüllen, könnte die Einbeziehung der im Ausland lebenden Irakern die Wahlbeteiligung an der letztlich der Erfolg der Wahlen gemessen werden wird, um bis zu 20% steigern und das Ergebnis erheblich in ihrem Sinne beeinflussen.
Ahmed Berwari, Vertreter der Patriotischen Union Kurdistans (PUK) hält die Stimmen aus Deutschland vor allem für die kurdische Liste wichtig, da seiner Schätzung nach 80% der hier lebenden Iraker Kurden wären. Auch die meisten anderen Auslandsiraker wären Anhänger der einstigen pro-westlichen Exilopposition deren Organisationen nun die wichtigen Listenverbindungen anführen.[23]
Der Kreis der Wahlberechtigten im Ausland ist recht weitgefasst. Nicht nur irakische Staatsbürger dürfen wählen, sondern alle die im Irak geboren sind, oder die ein Elternteil haben, das aus dem Irak kommt. Als Nachweis gelten nicht nur Pass, Geburts- oder Heiratsurkunden, unter Umständen reichen auch Hochschulzeugnisse und ähnliches aus.
Die Durchführung der Wahlen im Ausland geschieht im Rahmen des Iraq Out-of-Country Voting Programms (OCV) in Zusammenarbeit mit der „International Organization for Migration“ (IOM). Insgesamt wurden 15 Länder einbezogen: zu Australien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Niederlanden, Schweden, Türkei, Kanada, und USA, kamen noch Iran, Jordanien, Syrien, Vereinigte Arabischen Emirate und Ägypten dazu.[24]
Die Experten des UN-Wahlberatungsteams waren gegen die Stimmabgabe im Ausland, da sie ihrer Ansicht nach unverhältnismäßig aufwendig und kostspielig, sowie stark anfällig für Fälschung sind. Sie befürchten, dass die massive Einbeziehung von Wählern, die seit langem nicht mehr im Land leben, die Legitimität der gewählten Versammlung weiter schwächen wird.[25]
Doch nicht nur bei der Auslandswahl besteht die große Gefahr von Fälschung. Auch bei den Wahlen im Land gibt es vielseitige Möglichkeiten. Unter anderem gibt es Hinweise, dass mit den Wahlunterlagen, die bei der Ausgabe der Nahrungsmittelration an alle ausgegeben werden ein schwungvoller Handel getrieben wird. Verteilstellen, die die Wahlunterlagen mit den monatlichen Lebensmittelrationen ausgeben, haben, beklagen zudem, dass sie viel weniger Bögen erhalten haben, als nötig wären um alle Familien zu versorgen. „Ich frage mich, wo diese Formulare geblieben sind“, sagte der Inhaber gegenüber der deutschen Journalistin Karin Leukefeld. „Wenn das überall so gelaufen ist, fehlen rund 30% der Wahlunterlagen.“[26]
Obwohl auch im Irak mit nichtabwaschbarer Tinte eine mehrfache Stimmabgabe verhindert werden soll, sind viele Experten sehr skeptisch, ob dies unter den Kriegs- und Besatzungsbedingungen zuverlässig funktionieren wird. Viele Iraker haben zudem den Verdacht, dass die pro-iranischen Parteien SCIRI und DAWA sich mit gekauften Wahlformularen Wahlhilfe mittels Anhänger aus dem Iran verschaffen könnten.
Anlass zu Spekulationen gibt auch der Aufdruck „männlich“ auf allen Wahlzetteln. Ist die Angabe des Geschlechts schon generell seltsam, so fragen sich nun Irakerinnen wie die bekannte Bloggerin Riverbend, ob damit Familienoberhäupter religiöser Familien erleichtert werden soll, die Stimmen für das gesamte „Weibervolk“ abzugeben oder dessen Wahlzettel einfach an Männer aus anderen Ländern zu verkaufen.
Schwingt hier auch viel aus der irakischen Gerüchteküche mit, so stehen unter den herrschenden Kriegsbedingungen der Besatzungsmacht und ihren lokalen Verbündeten in weitgehender Abwesenheit der internationalen Öffentlichkeit wesentlich effektivere Manipulationsmöglichkeiten offen, als die oben geschilderten.
Die meisten Wahlbeobachter, darunter auch ein kleines Team der EU, werden die Wahlen nicht wie üblich zu vielen Hunderten vor Ort kontrollieren, sondern von Jordanien aus der Distanz, „beobachten“. Da auch die internationalen Medien im Land nur sehr schwach präsent sind, werden die Wahlen praktisch ohne unabhängige internationale Kontrolle bleiben.[27]
Auf einer internationalen Konferenz zu der Kanada die „Internationale Mission für die Irakwahlen“ eingeladen hatte, gelang es nicht, eine wirkliche Wahlbeobachtungsmission zusammenzustellen. Den Beteiligten, das sind Albanien, Großbritannien, Kanada, Indonesien, Mexiko, Jemen und die Vereinigung der Mittel- und osteuropäischen Wahladministratoren, war das Risiko zu hoch..[28] Im Irak werden daher insgesamt wohl nur 35 Beobachter sein, nicht sehr viel, angesichts von mehr als 30.000 Wahllokalen und 6.000-9.000 Wahlzentren. Selbst bei den auch nicht gerade vorbildlichen Wahlen in Afghanistan waren immerhin 600 Wahlhelfer der UNO zugegen, in die Ukraine hatte Kanada allein 500 entsandt und die OSZE 1350. [29] Als Ersatz sollen irakische Wahlbeobachter eingesetzt werden, die von der UNO und dem oben erwähnten National Democratic Institute (NDI) trainiert werden. [30]
Insgesamt teilt sich das politische Spektrum in drei Fraktionen: auf der einen Seite, die mit den USA verbündeten Kräfte, die bereits bisher in von den Besatzern eingesetzten Gremien mitarbeiteten, auf der anderen zwei Fraktionen der Besatzungsgegner: die die unter den aktuellen Bedingungen zum Boykott der Wahlen aufrufen und die, die sich an den Wahlen beteiligen wollen, weil sie trotz aller Unzulänglichkeiten darin einen Schritt zur Wiederherstellung der Souveränität sehen. Nach Ansicht dieses Kräfte ist auch eine durch unvollkommene Wahlen zustande gekommene Übergangsregierung besser als eine von den USA ausgewählte. Sie hoffen trotz der Oberhoheit der USA zunehmend Einfluss auf die Politik ihres Landes nehmen zu können und sich nicht zuletzt dabei im innerirakischen Machtkampf in gute Ausgangspositionen zu bringen.
Die wichtigste Kraft aus der letztgenannten Fraktion ist der konservative Kreis hoher schiitischer Würdenträger um Ayatollah Ali Al-Sistani. Dieser hat von Anfang darauf gesetzt, mit dem Gewicht der schiitischen Bevölkerungsmehrheit im Rücken, bestimmenden Einfluss auf die Politik des Landes gewinnen zu können. Trotz deutlicher Ablehnung der Besatzung nahm er bisher eine überwiegend abwartende Haltung ein. Um dies nicht aufs Spiel zu setzen, sahen sich die Besatzer schon häufig zu Zugeständnissen gezwungen. Es lag nicht zuletzt am beharrlichen Widerstand Al Sistanis, dass die USA zustimmen mussten, die verfassungsgebende Versammlung wählen und nicht ernennen zu lassen.[31]
Der hohe Klerus baut daher darauf, dass trotz US-Hoheit über den Wahlprozess, ihm nahe stehende Gruppierungen eine bestimmende Kraft in der Nationalversammlung werden und sie auch bei fortgesetzter Besatzungsherrschaft nicht übergangen werden können. Sie hoffen so schrittweise ihre Machtbasis im Land ausbauen und den Einfluss der USA zurückdrängen zu können. Und dies ohne eine Ausweitung eines opferreichen Krieges und nicht zuletzt auch ohne dass die radikaleren, nationalistischen Kräfte, die den bewaffneten Widerstand führen, zum Zuge kommen. Die Kleriker um Al Sistani treten zwar durchaus für eine formale Trennung von Staat und Religion ein. Dieser darf aber einen bestimmenden Einfluss des islamischen Klerus auf die Gesellschaft nicht behindern. Kommen ihnen die USA hier entgegen, stellt die fortdauernde Oberhoheit über das Land das kleinere Übel dar.
Die Zahl der Kandidatenlisten schwanken von Bericht zu Bericht stark. Nach einer offiziellen Bekanntmachung der Wahlkommission, die in einer kuwaitischen Zeitung veröffentlicht wurde haben sich insgesamt 114 Kandidatenlisten registrieren lassen, wobei neun davon von Allianzen, 76 von individuellen Parteien und 29 von unabhängigen Einzelpersonen aufgestellt wurden.[32] Nicht alle, die sich registrieren ließen, treten allerdings tatsächlich an. So hat die Islamische Partei, die im November aus Protest gegen den brutalen Überfall auf Falluja aus der Interimsregierung austrat, ihre Kandidatur praktisch zurückgenommen und ruft zum Boykott auf. Insgesamt hatten bis 13. Januar 53 Parteien und alle Einzelpersonen ihre Kandidatur zurückgezogen oder sich bestehenden Listenverbindungen angeschlossen.[33]
Ursprünglich hatten die USA geplant, eine sogenannte Monsterliste aus den verbündeten Organisationen, die die Interimsregierung stellen zu bilden, d.h. aus dem National Accord (INA) von Übergangspremier Allawi, den kurdischen Parteien PUK und KDP, den schiitischen islamistischen Parteien SCIRI und DAWA, der sunnitischen Islamischen Partei, Chalabis Nationalkongress INC und der irakischen KP. Mittels einer solchen Liste war es diesen Parteien auf der „Nationalen Konferenz“ im Sommer gelungen, die 100-köpfige „Interimsversammlung“ mit ihren Leuten zu besetzen.[34]
Nun treten diese Parteien aber doch auf getrennten Listen an. Mag sein, dass Washington selbst die Megaliste als taktisch nicht besonders klug einschätzte, nachdem auch in den USA Kritik an dem wenig demokratisch wirkenden Plan laut wurde. Entscheidend waren allerdings die Rivalitäten zwischen ihren Verbündeten die die Wahlen zur Stärkung ihrer Positionen im innerirakischen Kräfteverhältnis nutzen wollen.
Ein überraschender Coup gelang den rechts-konservativen schiitischen Organisation mit der Bildung einer Einheitsliste, der United Iraqi Alliance (UIA) die Besatzungsgegner und kollaborierende Parteien vereint. Diese Liste soll auf Druck Al Sistanis zustande gekommen sein und wird in den Medien auch als Sistani-Liste bezeichnet.[35] Offiziell unterstützt Al Sistani allerdings keine spezielle Liste, sondern fordert nur alle Gläubigen auf, sich an den Wahlen zu beteiligen.[36] Alternativen zur UIA dürfte es für seine Anhänger aber kaum geben, so dass allgemein davon ausgegangen wird, dass die schiitische Liste mit Abstand die meisten Stimmen erhalten wird.
An der Spitze der UIA-Liste stehen auch nicht Al Sistanis Leute, sondern die mit den USA kollaborierenden Parteien SCIRI, DAWA und der Irakische Nationalkongress von Achmed Chalabi, der sich, seit dem er in den USA in Ungnade fiel, als Sachwalter der Schiiten in Szene setzt. Listenführer ist Ayatollah Abdelaziz al-Hakim.
Mit dabei ist auch der „Schiitische Politische Rat“, eine Koalition kleinerer schiitischer Organisationen die ursprünglich auf einer eigenständigen Liste antreten wollten. Ihre Teilnahme auf der Megaliste war bis zum Schluss unter den Mitgliedern umstritten. Noch am 30. November nannte der Sprecher der Gruppe, Hussein al Mousawi die Spitzenkandidaten der UIA „extremistische, schiitische Islamisten, die eine religiöse Herrschaft von Kleriker anstreben“. Allerdings sahen sie für sich in einer eigen Liste neben der UIA wohl keine Chance mehr.[37]
Um die Verwendung des Namens und Konterfeis Al Sistani auf den Wahlplakaten der Liste, ist ein heftiger Streit entbrannt. Wie Al Hayat berichtete, hat Allawis Partei eine formale Beschwerde dagegen bei der Wahlkommission eingereicht. Sie protestierte in diesem Zusammenhang auch gegen die von der UIA durchgesetzte Einstellung von Polizisten aus den Reihen der Badr-Brigaden, da diese Druck auf die Wähler im Süden ausüben würden. Die Badr-Brigaden sind die im Iran ausgebildeten paramilitärischen Einheiten des SCIRI, die als eigenständige Formation in der UIA beteiligt sind.[38]
Eine weitere Listenverbindung wurde von den beiden kurdischen Parteien gebildet. Die Kommunistische Partei hätte sich hierauf gerne Huckepack mitnehmen lassen. Da diese aber für ihre „Allianz Kurdistans“ eine Liste ausschließlich mit Kandidaten aus den kurdischen Nordprovinzen und den ebenfalls beanspruchten südlichen Regionen aufstellen wollte, muss sie mit einer eigenen Liste antreten. Auf ihrer Liste mit dem Namen „Union des Volkes“, versammelt Iraks älteste Partei nun eine größere Zahl nichtreligiöser Persönlichkeiten und kleinerer Gruppierungen. Mit 257 Kandidaten stellt sie sogar die zweitgrößte Zahl an Kandidaten, Aussichten auf eine relevante Zahl von Sitzen hat sie aber nicht.[39]
Wesentlich größere Chancen werden der Liste des Interimspräsidenten eingeräumt. Neben seiner Organisation, dem National Accord vereint Allawis Liste fünf weitere säkulare Gruppierungen und mehrere gewichtigere Mitglieder der Übergangsregierung, darunter der Nationale Sicherheitsberater.
Diese Liste vereint die engsten Verbündeten der USA und wird von Washington und London selbstredend auch in jeglicher Hinsicht massiv unterstützt. Ein Bündnis mit der Irakisch-Demokratischen Partei von Adnan Pachachi scheiterte. Pachachi, ein altbekannter liberaler irakischer Politiker, Außenminister vor der Machtübernahme der Baath-Partei, ist einer der wenigen US-freundlichen Politiker, die auch unter Irakern Achtung genießen. Er war daher auch der Favorit des UN-Sondergesandten Lakthar Brahimi für das Amt des Interimspremier gewesen. Er arbeitete zwar von Anfang an mit der Besatzungsmacht zusammen und saß im „Regierungsrat“, hielt aber stets auch eine gewisse Distanz zu den USA. So verurteilte er z.B. den US-amerikanischen angriff auf Falludja im April 2004 als „Massenbestrafung für den Tod von vier Amerikanern“[40] und drohte mit dem Rücktritt aus dem Rat. Er geht auf einer von seiner Partei angeführten Bündnisliste in die Wahl.[41]
Der Interimspräsident und sunnitische Stammesführer Scheich Ghazi al-Jawar tritt ebenfalls auf einer eigenen Liste an und hat hierfür die „Partei der Iraker“ gegründet. Auf seiner Liste kandidieren auch der Verteidigungsminister und der Industrieminister.[42]
Von den wenigsten Listen sind die Wahlplattformen bekannt. Da auch die Wahllokale und die meisten Kandidaten unveröffentlicht blieben, sprachen viele auch von „Geheimwahlen“[43]
Die wenigen bekannt gewordenen sind generell sehr allgemein gehalten und enthalten keine konkreten Pläne, wie die vielfältigen schönklingenden Forderungen umgesetzt werden sollen. Die von der UIA veröffentlichte Plattform, die von BBC übersetzte wurde, fordert einen „vereinten Irak mit voller nationaler Souveränität“, „einen auf einer Verfassung beruhenden, pluralistischen, demokratischen und föderalen Irak“, in dem die Justiz unabhängig ist und alle vor dem Gesetz gleich sind, der „die islamische Identität des irakischen Volkes respektiert“ und dessen Staatsreligion der Islam ist und einen Irak der Menschenrechte garantiert und Minderheiten nicht diskriminiert, sondern deren Rechte achtet.
Die brisanteste Forderung der Plattform, ist die nach einem „Zeitplan für den Rückzug der multinationalen Truppen“, der in den USA und GB viele Kommentatoren aufschreckte. Ähnliche Formulierungen finden sich auch bei vielen anderen Listen. Die Spitzenkandidaten der UIA-Liste beeilten sich aber, ihre Verbündeten zu beruhigen und versicherten, dass ihrer Ansicht nach die ausländischen Truppen auch nach den Wahlen noch solange gebraucht würden, bis sie aus eigener Kraft für „Stabilität“ sorgen könnten.
Auch die Kommunistische Partei hat die wesentlichen Punkte des Programms ihrer Liste auf englisch veröffentlicht. Sie unterscheiden sich von den der schiitischen Allianz durch detailliertere sozialen Forderung, wie die nach gerechten Löhnen, dem Erhalt des von der alten Regierung zusammen mit der UNO aufgebauten Lebensmittelzuteilungsprogramms und einer Sozialversicherung. Auch den Erhalt des freien Zugangs zur Gesundheitsversorgung und der Bildung, sowie des staatlichen Sektors als Hauptbestandteil der irakischen Wirtschaft haben sie sich auf die Fahnen geschrieben. Wie sie dies gegen die erklärten Ziele der USA durchsetzen wollen, verschweigt die Partei. Eine Forderung nach Abzug der Besatzungstruppen findet sich im Programm der KP-Liste nicht. Verlangt wird hingegen die Stärkung von Polizei und Armee gegen „feindliche Kräfte“, womit selbstverständlich nicht die Invasoren, sondern der Widerstand gemeint ist.[44]
Doch auch ein Großteil der Parteien, die sich an den Wahlen beteiligen wollen, sind mehr als skeptisch, ob diese tatsächlich durchführbar sind, bzw. den gewünschten Effekt haben werden.
Das Land ist immer noch im Krieg, stellte beispielsweise Saad Abdul-Razeq, ein führendes Mitglied der „Unabhängigen Demokratischen Bewegung (IDM)“ des Politveteranen Adnan Pachachi Anfang Dezember fest.
Auf Pachachis Initiative hin, hatten insgesamt 17 irakische Parteien aus dem pro-amerikanischen Spektrum nach einem Treffen Ende November eine Verschiebung der Wahlen um sechs Monate gefordert, darunter auch die beiden kurdischen Parteien PUK und KDP, die irakische KP und die Partei Allawis. Außer verbesserten Sicherheitsbedingungen, hofften sie in diesem halben Jahr noch einige bedeutende Organisationen aus dem umfangreichen Boykottlager zur Teilnahme zu bewegen. Sie befürchten, dass die Wahlergebnisse wenig Legitimität haben werden, wenn der größte Teil der Bewohner des sogenannten Sunnitischen Dreiecks der Wahl fernbleiben würde.
Zudem so Pachachi in einer Gastkolumne in der Washingon Post, hätte es Wahlkommission versäumt die Bevölkerung ausreichend über die Wahlen aufzuklären. Sehr viele Iraker glauben dass direkt der Präsident gewählt werden würde. In der Tat wurde erst drei Wochen vor der Wahl begonnen, Aufklärungsbroschüren zu verteilen. Diese dürften so Beobachter vor Ort die wenigsten erreichen.
Die Parteien hätten ,so Pachachi weiter, auch noch keine einzige Diskussion gestartet über Fragen wie die nach der Zukunft des Iraks, der Natur der zukünftigen Verfassung, den geplanten Föderalismus obwohl das eigentlich die Themen sind, über die abgestimmt werden sollte.[45]
Auf einem weiteren Treffen am 5. Dezember unter dem Motto „Fehlerhafte Wahlen –umstritten Ergebnisse“, warnten die mehr als 200 Teilnehmenden irakischen Politiker und Parteienvertreter aus dem selben Spektrum noch einmal eindringlich davor, dass die Ergebnisse der Wahlen stark anfechtbar seien, wenn sie im gegenwärtigen Klima der Gewalt abgehalten würden.[46] Auf einer Konferenz in Tikrit, zu der Vertreter von Stämmen und politischen Organisationen aus sieben Provinzen zusammenkamen, verlangten die Teilnehmer ebenfalls eine Verschiebung der Wahlen. Andernfalls würden sie zum Boykott aufrufen.[47]
Die Bush-Administration hat alle Appelle für eine Verschiebung abgelehnt und auch ihr regierendes Personal in Bagdad hält ungeachtet der Forderungen aus den eigenen Parteien nach außen unbeirrt am Wahltermin fest. Im Innern scheint diese Frage heftig diskutiert zu werden, die Rufe nach Verschiebung werden auch aus Kreisen der Interimsregierung selbst immer lauter. Sowohl der Verteidigungsminister Hazim Shaalam, ein absoluter Hardliner, als auch Interimspräsident Ghasi Al Jawer begannen laut über die Möglichkeit nachzudenken. Da ihnen durch die Machtverhältnisse die Hände gebunden sind, spielte Al Jawer den Ball dem UN-Sicherheitsrat zu, indem er die UNO aufforderte, ihrer Verpflichtung und Verantwortung nachzukommen und zu entscheiden, ob Wahlen zum aktuellen Standpunkt überhaupt durchführbar sind. „Aus logischer Sicht“ so Al Jawer „gibt es Anzeichen, dass es eine raue Sache werden wird, die Wahlen abzuhalten“[48]
Der ehemalige Sondergesandte der UNO für den Irak, Lakthar Brahimi verneint dies entschieden. Seiner Ansicht nach sind demokratische Wahlen unter den gegebenen Bedingungen nicht möglich. Dabei hatte Brahimi im Frühjahr 2004 den Januar-Wahltermin selbst vorgeschlagen, als Kompromiss zwischen den Forderungen der Iraker nach raschen Wahlen und dem Bestreben der USA diese möglichst lange hinauszuzögern. Angesichts der herrschenden Gewalt und dem angekündigten Boykott von mehr als 70 Organisationen müsse der Wahlprozess aber überdacht werden, so Brahimi. Würden die Wahlen auf die geplante Weise durchgeführt, würde die Situation noch weiter eskalieren.[49]
Deutlicher noch äußerte sich der russische Präsident: Es sei nicht möglich unter Besatzung und Kriegsrecht freie und faire Wahlen abzuhalten, so Wladimir Putin: ”Ehrlich gesagt kann ich mir nicht vorstellen, wie es möglich sein kann Wahlen in einem Land zu organisieren, das vollständig unter Besatzung durch fremde Truppen steht”. Die Pläne europäischer Wahlbeobachter, die Stimmabgabe von Jordanien aus zu beobachten, hält er schlicht für „absurd“ und „eine Farce”[50]
Im Westen macht man sich vor allem Sorgen, dass Sunniten als Konfession in der gewählten deutlich unterrepräsentiert sein werden. Ernsthaft erwogen wird daher, für Sunniten eine gewisse Quote an Sitzen in der Nationalversammlung zu reservieren bzw. diese um eine gewisse Zahl von Sitzen zu erweitern und mit Sunniten zu besetzen.
Diese Vorschläge zeigen, wie stark viele Experten im ethnisierenden Raster gefangen sind. Warum sollte es linken oder nationalistischen Besatzungsgegner sunnitischer Herkunft versöhnen, wenn eine Anzahl rechter, religiöser und pro-amerikanischer Sunniten in der gewählten Nationalversammlung sitzen? Ähnlicher Unsinn ist es auch, wenn in den Medien von der früheren Herrschaft der Sunniten über die Schiiten gesprochen wird. In der Baath-Partei waren Sunniten, wie Schiiten vertreten Saddam Hussein wiederum stützte seine Macht auf Familienclans und einzelne Stämme aber nicht auf die Sunniten. Z.B. standen die führenden konservativen Kreise Fallujas mehrfach in heftigen Konflikten mit der zentralen Staatsgewalt.
Einige gewichtige konservative Politiker gehen sogar soweit, den Irakern ein Nationalbewusstsein überhaupt abzusprechen. Ernsthaft diskutiert wird daher in den USA auch Vorschläge, den Irak in eine lose Konföderation aus wenigstens drei Teilen umzuwandeln, die jeweils von Kurden, arabischen Sunniten und Schiiten dominiert würden. Wahlen sollten dann zunächst nur im nördlichen kurdischen und südlichen schiitischen Teil stattfinden.
Sachkundigere Analysten, wie Juan Cole lehnen dies als gefährlichen Unfug ab.[51] Jost Hiltermann, Leiter des „Middle East Project“ der über die Verhältnisse im Irak sehr gut informierten International Crisis Group rät hingegen Wahlen zunächst nur auf Provinzebene abzuhalten, den gewählten Provinzräten aber anschließend auch wirkliche Macht zuzugestehen und u.a. auch Zugriff auf Öleinnahmen. [52]
Entgegen dem in den westlichen Medien wiedergegeben Eindruck, läuft die Polarisation bezüglich der Teilnahme an den Wahlen nicht entlang konfessioneller Linien, indem die Schiiten, da sie die Mehrheit im Land stellen für Wahlen sind und die Sunniten als Minderheit dagegen. Auch ein beträchtlicher Teil der Schiiten – von denen ohnehin viele säkular eingestellt sind –weigert sich unter den gegebenen Bedingungen an den Wahlen teilzunehmen. Nicht die Religion, sondern die politischen und materiellen Interessen bestimmen die Haltung zur Wahl.
“The Shias, like the Sunnis, are not unified in their position on the elections. The Shia have many parties and authorities. There is the supreme Shia authority as represented by Ayatollah Ali Al-Sistani who has his followers and who wants to participate in the elections. However there are other well-known Shia authorities in Najaf and Karbala, such as Sheikh Ahmed Al-Baghdadi and Sheikh Mahmoud Al-Hasni. These, as well as the Shia tribes in the south will not take part in the elections. The same applies to many secular parties, not to mention the Sadr and Jawad Al-Khalisi movement. As I said, the opposition to the elections is a national, not a denominational or sectarian, movement.”, so Harith Al Dhari. [53]
Selbst religiöse Schiiten stehen beileibe nicht durchgängig hinter Al Sistani. Im Gegenteil, viele finden es äußerst befremdlich, wie sehr sich der höchste geistliche Würdenträger des Iraks sich – ganz entgegen der sufistisch-quietistischen Tradition – in weltliche Angelegenheiten einmischt.[54]
„Die Annahme, dass die gesamte schiitische Bevölkerung diese Wahlen als historische Gelegenheit sehen, „als die Al Sistani sie hinstellt“, ist vollständig falsch und irreführend“, so der irakische Schriftsteller Mussa Al-Husseini gegenüber der ägyptischen Al Ahram. Auch eine große Zahl von Schiiten werden trotz Sistanis Appell die Wahlen boykottieren, ist sich Al-Husseini, der sich selbst als säkularer Schiit sieht, sicher, weil sie überzeugt sind, dass der ganze Prozess eine Farce ist, einzig dazu bestimmt einer illegitimen Ordnung Legitimität zu verschaffen. Die Schiiten sind kein politisch einheitlicher Block und es gibt außer Al Sistani eine Reihe von populären Führern. „Al Sadr hat eine große Anhängerschaft und auch die Imame Jawad Al Khalisi [55] und Al Taé genießen die Unterstützung der Basis in weiten Teilen der Bevölkerung. Alle drei haben zum Boykott aufgerufen. Zudem gibt es auch eine große Zahl säkularer Schiiten, die von alldem unberührt sind.[56] Und Al Sistanis Ansehen ist durch sein Schweigen gegenüber den Angriffen auf Falluja und andere Städte in weiten Kreisen stark gesunken.
„Es geht nicht um die Frage sunnitischer Boykott gegen schiitische Teilnahme“, beharrt Al Husseini, „es geht darum ob Du gegen die Besatzung bist und den nationalen Widerstand unterstützt. Und es sind ebensoviel Schiiten in diesem Lager wie Sunniten.“
Den zahlreichen Aufrufen zum Wahlboykott vorausgegangen war – noch vor dem US-Angriff auf Falluja im November – ein Vorstoß des „Irakischen nationalen konstituierenden Kongress“ (Iraqi National Foundation Congress, INFC). Dieser ist ein breites Bündnis politischer Gruppierungen und Persönlichkeiten die gegen die Besatzung sind. Der INFC hatte den USA eine Reduzierung von Widerstandsaktionen und eine Beteiligung der im Kongress vertretenen politischen Kräfte an den Wahlen in Aussicht gestellt, wenn die Angriffe der US- Truppen auf irakische Städte eingestellt und einige Änderungen im Wahlprozess vorgenommen werden. [57]
Der Vorschlag hatte politisch durchaus großes Gewicht, da der INFC sich in dem halben Jahr seit seiner offiziellen Gründung als eine Dachorganisation für den politischen Widerstand gegen die Besatzung etabliert hatte, der von den meisten wichtigen politischen Organisationen und Persönlichkeiten des Landes unterstützt wird. [58]
In einer am 3. November 2004 in Bagdad verbreiteten Erklärung stellte der INFC fest, dass seine Mitglieder schon immer – wie auch „viele andere patriotische Kräfte und religiöse Autoritäten“ – „freie und faire Wahlen unter unabhängiger internationaler Aufsicht gefordert haben“. Damit die nun aktuell von der Besatzungsmacht vorbereiteten Wahlen frei und fair sein können, müsste aber zuerst eine ganze Reihe von Maßnahmen getroffen werden:
So sollten die Wahlen in allen Phasen von einer Kommission überwacht werden, die aus Persönlichkeiten zusammengesetzt ist, deren Integrität und Unabhängigkeit international anerkannt ist. [59]
Die vom ehemaligen US-Statthalter Paul Bremer eingerichtete Wahlkommission müsste grundlegend umgestaltet werden. Zumindest müsste jede Wahlliste einen Vertreter in die Kommission entsenden können und eine gewisse Anzahl von Richtern aufgenommen werden, die, die für ihre Integrität bekannt seien.
Zudem müsste der Kommission das Recht genommen werden, Kandidaten auszuschließen, es sei denn durch ein gerichtliches Verfahren.
Um sichere und faire Wahlen in allen Städten und Ortschaften durchführen zu können, müssten vor allem die militärischen Angriffe sofort eingestellt werden, die Besatzungstruppen sich vor den Wahlen komplett aus allen Städten zurückziehen und alle politischen Gefangenen – ungeachtet ihrer politischen Zugehörigkeit – freigelassen werden.
Nur bei Erfüllung dieser Forderungen könnte das Ergebnis der Wahl als eine legitime verfassungsgebende Versammlung angesehen werden. Nur eine solche könne eine gültige Verfassung verabschieden und den Weg frei machen, für einen raschen Abzug der Besatzungstruppen als wichtigste Vorbedingung zur Wiedererlangung wirklicher Souveränität.
Von der US-Botschaft, die die tatsächliche Herrschaft im Irak ausübt, gab es auf diese durchaus einsichtigen Vorschläge keine Antwort. Stattdessen begannen die US-Truppen mit ihrem verheerenden Angriff auf die Großstadt Falluja. Die Organisationen des INFC riefen daraufhin folgerichtig zum Boykott der Wahlen auf. Weitere schlossen sich an, so dass die Zahl der Organisationen die offen zum Boykott aufriefen, rasch auf über 70 anwuchs.[60]
Sie lehnen nicht nur die Wahlen ab, sondern den gesamten „Übergangsprozess“. Harith Al Dhari: „Secondly, the permanent constitution will be created on the basis of the law for the administration of the state which was mainly drafted by Paul Bremer, the former US civil ruler in Iraq, and ratified by the now-dissolved Interim Governing Council. We do not expect the constitution to depart from that law. But even if it is worse, history informs us that countries liberated from occupation work to eradicate all traces of the occupation. This includes the constitutions and laws that have been imposed by force.”[61]
Unterstützung erhielt das Boykottlager auch durch irakische Intellektuelle in der Diaspora. In einer von über hundert im Exil lebenden Schriftstellern, Journalisten und politischen Aktivisten aller Konfessionen unterzeichneten Erklärung, stellen sich die Unterzeichner hinter die Boykotterklärung des INFC.[62] Darin wird noch einmal betont, dass die Unterzeichner selbstverständlich nicht prinzipiell gegen Wahlen sind, sondern im Gegenteil seit Beginn der Besatzung Wahlen forderten. Allerdings sollten diese frei und fair sein, organisiert unter der Oberaufsicht der UNO und der arabischen Liga und nach Abzug der Besatzungstruppen bzw. Ersetzung durch UN-Truppen aus neutralen Staaten. Iraker und UNO-Vertreter vor Ort hatten unter diesen Bedingungen Wahlen innerhalb von sechs Monaten für möglich gehalten. Für Washington kam dies selbstverständlich nicht in Frage. [63]
Die Bush Administration “erstickte, unterdrückte, verzögerte, manipulierte und hintertrieb auf andere Weisen die demokratischen Aspirationen des irakischen Volkes”, schrieb die kanadische Autorin Naomi Klein.[64] Und letztlich war es der rasant wachsende Widerstand, der sie zwang die ursprünglichen Pläne übern Haufen zu werfen. „Erst als die Guerillaangriffe in den sunnitischen Distrikten Ende 2003 eskalierten, realisierten die USA dass eine direkte amerikanische Herrschaft unmöglich ist,“ erinnert der Korrespondent des Independent in Bagdad, Patrick Cockburn seine Leser. Um die Anhänger Al Sistanis nicht genauso gegen sich aufzubringen, wie die sunnitische Bevölkerung in zentralen Irak, musste Washington dem Drängen nach baldigen Wahlen nachzugeben.[65]
Erst im Januar wurde es der US-Regierung bewusst, dass der breite Boykott durchaus ein Problem für sie bedeuten könne und nötigten ihren Statthalter John Negroponte Vertreter der einflussreichen „Muslim Scholar Association“ MSA, die auch zu den treibenden Kräfte des INFCs zählt, zu einem Treffen einzuladen, um sie zur Aufgabe ihres Boykottaufrufs zu bewegen. Es war das erstemal, dass die USA Kontakt zu ihnen aufnahm. Negroponte warb dabei für die Wahlen als Weg zu mehr Sicherheit und Stabilität und drängte die MSA-Vertreter siezu unterstützen, da sie breit respektiert würden und auch auf andere Kräfte Einfluss hätten.
Diese wiesen daraufhin, dass es die Gewalt und der Tyrannei der US-Truppen, die Zerstörung irakischer Städte, wie Najaf und Fallujah ist, die zur aktuellen schlimmen Situation führte. Wie können unter solchen Umständen Wahlen abgehalten werden, so fragten sie Negroponte, solange zudem Zigtausend Iraker gefangengehalten werden und allein von ihrer Assoziation über 120 Mitglieder getötet oder in US-Lager verschleppt wurden.
„Falls die USA tatsächlich den Problemen ein Ende bereiten und Stabilität erreichen wollen, sollten sie sich auf einen verbindlichen Zeitplan für ihren baldigen Rückzug verpflichten.“ Unter diesen Umständen wären sie auch bereit ihren Boykottaufruf zurückzunehmen. Über eine Antwort Negropontes wird nichts berichtet.[66]
Je näher die Wahlen rücken desto mehr eskaliert die Gewalt. Immer stärker richteten sich Anschläge auch gegen führende Politiker die sich für die Wahlen einsetzten und nehmen Drohungen gegen alle zu, die sich an den Wahlen beteiligen wollen. Unter anderem wurden mit Mahmoud al-Madaen und Halim al-Moakak auch zwei engere Vertraute Al Sistanis ermordet und forderten Bomben gegen schiitische Moscheen zahlreiche Opfer.
Darüber wird auch hier ausführlich berichtet und hierauf wird der Sicherheitsaspekt in Bezug auf die Wahlen reduziert. Doch entgegen dem Bild in den Medien setzen die meisten Wahlgegner nicht auf Gewalt, auch die wichtigsten bewaffneten Gruppierungen haben Anschläge auf Wahlhelfer und Kandidaten verurteilt. Die Gefahr vor Anschlägen dürfte daher auch am Wahltag nicht wesentlich über dem ohnehin sehr hohen alltäglichen Niveau liegen, dem die Iraker seit Beginn der Besatzung ausgesetzt sind, und kann kaum Grund für Wahlenthaltungen sein.[67]
Wie diese allgemeine, vorwiegend kriminelle Gewalt ausgeblendet wird, wird auch ignoriert dass es die Besatzungsgegner sind, die am stärksten politischer Gewalt ausgesetzt sind. Sie stehen in der ständigen Gefahr von US-Truppen verschleppt zu werden oder Todesschwadrone ermordet zu werden. Ende letzten Jahres wurden drei führende Mitglieder der „Iraqi Muslim Scholars Associations”, eine sehr einflussreiche Organisation sunnitischer Theologen, die sich aktiv der Besatzung widersetzen, umgebracht.[68] Über 120 Imame und Prediger dieser allein dieser Organisation wurden bisher umgebracht oder in die US-geführten Lager und Gefängnisse gebracht. Der bisher letzte in der Reihe, Scheich Mowaffak al-Douri wurde am 25.12. von US-Truppen während einer Razzia erschossen.[69]
Auch ein führendes Mitglied der Islamischen Partei wurde ermordet – kurz nachdem die Partei ihren Wahlboykott verkündet hatte. Hunderte von Intellektuellen und Aktivisten kamen seit Beginn der Besatzer auf diese Weise ums Leben.
„Im Irak halten sich die US-Streitkräfte und ihre irakischen Helfer nicht mehr damit auf, Angriffe auf zivile Ziele zu verbergen, und sie eliminieren jeden - egal ob Arzt, Journalist oder Geistlicher - der es wagt, die Opfer zu zählen“ schrieb Naomi Klein und kann dies auch gut belegen. [70]
Die USA haben bereits Ende 2003 mit Hilfe Israels und der Milizen der kurdischen Parteien und anderer kollaborierenden Organisationen, begonnenen Einheiten für einen schmutzigen Krieg aufzubauen.[71] Anfang Januar 2005 kam die US-Wochenzeitung Newsweek auf das Thema und berichtete unter dem Titel „The Salvador Option“ über den Aufbau von Todesschwadronen zur Eliminierung politischer Gegner.[72]
In diesem Klima ist nicht verwunderlich, wenn viele beim Mord an den Vertrauten Al Sistanis und ähnlichen Fällen ihren Verdacht nicht auf sunnitische Widerstandsgruppen, sondern die richten, die von einem offenen Konflikt zwischen sunnitischen und schiitischen Kräften am meisten profitieren würden.
Die USA halten an den Wahlen fest, weil sie im Moment darin ihre einzige Chancen sehen, das Blatt im Kampf gegen den Widerstand zu wenden. Sie erhoffen sich davon eine Legitimierung ihrer indirekten Besatzungsherrschaft und die Einbeziehung des Teils des irakischen Spektrums, der sich mit der Beteiligung an den Wahlen auf Washingtons „Übergangsprojekt“ eingelassen hat.
Die USA wollen aus dem Irak einen Vasallenstaat machen, abgesichert durch US-kontrollierte Sicherheitskräfte und Geheimdienste und bis zu 14 großen permanenten Militärbasen, die auch die militärische Hegemonie im Mittleren Osten sicherstellen würden. Hinzu kommt die Kontrolle über die Ölreserven und die Aneignung der irakischen Ökonomie.
Nur wenn es den USA gelingt, breitere Kreise zu bewegen, sie in ihrem Kampf zu unterstützen, besteht Aussicht, das Land soweit zu „stabilisieren“, dass sie die Ziele, derentwegen sie das Land überfallen haben, weiterverfolgen können. Eine Alternative haben sie nicht, es gibt, wie viele US-Experten kritisieren keinen Plan B, auch nicht für den Fall, dass die Wahlen scheitern. In Präsident Bushs eigenen Worten: „Wenn es mit den Wahlen vorangeht, wird die Demokratie im Irak dauerhaft Wurzeln schlagen und Terroristen werden eine dramatische Niederlage erleiden.“ Aber "Plan A muss Erfolg haben, weil wir keinen Plan B haben. Alles was wir haben ist dieses eine Gleis“.[73]
Die USA benötigen zudem eine international anerkannte Regierung um völkerrechtlich verbindliche Abkommen z.B. über den Verkauf privatisierter Unternehmen, die permanente Truppenstationierung oder den Beitritt zur WTO abschließen lassen zu können. Da der bisherige Interimsregierung die Anerkennung als souveräne Regierung trotz aller Bemühungen weitgehend versagt blieb, hatte diese entgegen ursprünglicher Pläne, zuwenig Legitimation.[74]
Da die Wahlen vom UN-Sicherheitsrat abgesegnet wurden und die UNO sich an der Durchführung beteiligte, wird die UNO noch stärker in die Besatzungspolitik integriert. Dies wird in den USA und Europa die Opposition gegen die Besatzung deutlich schwächen. Insbesondere der britische Partner Tony Blair hätte seine Unterstützung ohne zusätzliche Legitimation durch UNO und Wahlen kaum noch lange aufrechterhalten können.
Die international kritisierten negativen Folgen, die die Wahlen haben könnten, sind vor diesem Hintergrund weitgehend irrelevant, wenn nicht erwünscht. Dass die Wahlen offensichtlich undemokratisch und die neue Regierung daher schwach sein wird, ist für eine Macht, die auf immer im Land bleiben will kein Nachteil, Gewalt die sich gegen Iraker richtet, kein Thema und die zunehmenden Spannungen zwischen den Bevölkerungsgruppen wünschenswert.
Ob die Wahlen für die USA ein Erfolg sein werden, hängt im wesentlichen von der Beteiligung ab. Die Stimmverteilung dürfte zweitrangig sein.
Man kann davon ausgehen, dass die große Zahl der Listen zu einer Zersplitterung der Stimmen führt. Die UIA wird die meisten Stimmen erhalten. Doch auch die von der USA favorisierte Allawi-Liste kann mit einer nennenswerte Anzahl von Stimmen rechnen. Umfragen US-amerikanischer Institute geben ihr sogar mehr als 20%. Dies ist sicherlich übertrieben, ist Allawi doch bei den meisten Iraker als Marionette der USA sehr verhasst. Viele Iraker könnten aber dennoch auf Allawi als „starken Mann“ setzen und hoffen, dass gerade weil er ein enger Verbündeter der USA ist, er wenigstens mit harter Hand für Stabilität sorgen könnte.
Da die USA über genügend Druckmittel verfügen, reicht ein einigermaßen respektables Ergebnis von Allawis Liste aus, um ihn wieder zum Regierungschef zu machen, insbesondere da die vorrausichtliche Mehrheitsliste UIA von den alten Verbündeten dominiert wird. Während es, um dem bei den Wahlen festgestellten Kräfteverhältnis Rechnung zu tragen, durchaus ein gewisses Stühlerücken bei der Bildung der neuen Übergangsregierung geben kann, wird sich diese sich wahrscheinlich nicht stark von der jetzigen unterscheiden.
Dennoch ist natürlich die erwartete Stärkung der schiitisch-islamischen Kräfte für die USA nicht unproblematisch. Sie werden sie nicht ignorieren können ohne Gefahr zu laufen neue Fronten entstehen zu lassen. Doch wenn sie den konservativem Schiiten zu einem gewissen Teil innenpolitisch entgegenkommen, und z.B. Elemente des islamischen Rechts einführen, wird dies zu Hause sicherlich zu heftigen Irritationen im neokonservativen Lager führen. Insbesondere ist die aggressive Iranpolitik auf Dauer kaum mit einer engeren Zusammenarbeit mit den z.T. pro-iranischen Parteien vereinbar. Mit einem von eigenen oder israelischer Truppen geführten Angriff auf den Iran, würden die USA auch hier jede Chance auf Unterstützung zerstören.
An der prinzipiellen Situation wird sich aber durch die Wahlen wenig ändern. Mehrere Experten und Think tanks haben in den letzten Wochen Analysen vorgelegt, die für die Bush-Administration niederschmetternd sind. Nacheinander meldete sich auch eine große Zahl führender Persönlichkeiten des außenpolitischen Establishments in Washington mit harscher Kritik zu Wort. Brent Scowcroft, nationaler Sicherheitsberater von Präsident George H. W. Bush und Zbigniew Brzezinski der dieses Amt unter Jimmi Carter innehatte bezweifelten auf einer Veranstaltung der New America Foundation, dass die Wahlen zu einer Beruhigung der Lage führen würden. Auch Scowcroft befürchtet, dass die Wahlen die Gefahr eines Bürgerkriegs geschürt hätte. Brzezinski glaubt nicht, daß die USA auf die bisherige Weise im Irak bleiben können. Und wenn dies nicht dramatisch geändert werden könne, solle die Präsenz beendet werden.
Die Bush-Regierung scheine in einem „Fantasy Land“ zu leben, so Militärexperte Anthony Cordesman in einer Studie des Washingtoner Center for Strategic and International Studies (CSIS). Schon im ersten Jahr der Besatzung habe sie bei der Bekämpfung des irakischen Widerstands praktisch in jeder wichtigen Dimension versagt. Washington, „kurz gesagt, scheiterte daran, die Fakten am Boden vorurteilsfrei zu beurteilen, auf eine Weise die an Vietnam erinnert.“[75]
Zuvor hatte der Chef des neu aufgebauten irakischen Geheimdienstes General Muhammed Shahwani gegenüber Journalisten ausgeplaudert, dass nach ihren Erkenntnissen den Besatzungstruppen mehr als 40.000 „Hardcore-Kämpfer“ gegenüberstehen, unterstützt von 150.000 Irakerinnen und Iraker die als „Teilzeitguerillakämpfer“, Kundschafter und logistisches Personal arbeiten würden. „Diese Zahlen“, so der Nahostexperte der BBC, Paul Reynolds „spiegeln keinen Aufstand wider, sondern einen Krieg“.[76]
Man kann davon ausgehen, dass Shahwani weiß, von was er spricht. Er war unter Saddam Hussein Geheimdienstchef in Bagdad gewesen, bevor er das Land verließ und sich Ijad Allawis National Accord anschloss.
Bruce Hoffman, der unter Paul Bremer als Berater der Besatzungsbehörde im Irak war und nun für die US-amerikanische Denkfabrik Rand Corporation arbeitet, hält die Schätzung jedenfalls näher an der Wirklichkeit, als die Angaben der US-Armee. „Die irakischen Zahlen erkennen die Realität an, dass der Aufstand im Irak breite Unterstützung in den sunnitischen Gebieten hat, während die US-Zahlen dies herunterspielen, bis hin zum völligen Leugnen,“ so auch sein Kollege Anthony Cordesman. [77]
Shahwani gab im Gespräch auch zu, dass der Widerstand in Gouvernaten wie Al Anbar, Bagdad, Babylon, Saladin, Dijala, Ninive und Tamim breite Unterstützung unter der Bevölkerung genieße. „Die Leute haben einfach die Nase voll, nach zwei Jahren ohne jegliche Verbesserung. Die Leute haben das Gefühl etwas tun zu müssen. Die Armee hatte eine Stärke von mehreren Hunderttausend Mann. Es war zu erwarten, dass sich viele Veteranen mitsamt ihren Verwanden dem Kampf anschließen würden und jeder davon hat noch Söhne und Brüder.“ Die Rebellen hätten viele Stadteile und kleinere Städte im mittleren Teil des Iraks in faktische „no-go Zonen“ verwandelt, trotz der Anstrengungen der US-Truppen Enklaven wie Samarra and Fallujah zurückzuerobern. [78]
Mit Bezug auf einen Angriff in Bagdad bei hellem Tage fragte Shahwani die Journalisten: „Wie würden sie die Situation hier [in Bagdad] nennen, wenn 20 bis 30 Männer sich schwerbewaffnet umherbewegen können und niemand sie daran hindern kann.“
Shahwani hätte, so der interviewende Journalist kurz davor gestoppt, zu sagen, dass die gegen die USA agierenden Kämpfer dabei sind, die Kontrolle über die Situation im Irak zu übernehmen, warnte aber: „Ich würde nicht sagen, dass sie am verlieren sind.“[79]
Dies deckt sich auch mit der Einschätzung des ehemaligen britischen Vertreters in der Besatzungsbehörde Jeremy Greenstock, der auf Grund der Intensität und Qualität der Angriffe, den „Aufstand“ als für die Besatzungstruppen alleine „unüberwindlich“ (irremediable) und „unausrottbar" bezeichnete.
Am selben Tag wie CSIS veröffentlichte auch die International Crisis Group (ICG), eine transatlantische Denkfabrik mit Sitz in Brüssel, eine Studie, die sich der Frage widmet, was die USA im Irak überhaupt noch tun könnten. Man kann jedem Journalisten, der über den Irak schreibt, nur raten diese sehr kenntnis- und faktenreiche Analyse der Experten, die alles andere als US-feindlich sind, genau zu studieren, räumen sie doch mit vielen der Mythen auf, die westliche Medien über die allgemeine Situation im Irak und den irakischen Widerstand unkritisch wiedergeben.
Nach Ansicht der ICG befindet sich das Vertrauen der Iraker in die USA ungeachtet der anvisierten Wahlen „im freien Fall“. Die Regierenden in Washington würden sich in einem Krieg engagieren, „den sie vielleicht schon verloren haben, während sie den Überblick in einem Kampf verlieren, in dem sie eventuell noch die Oberhand gewinnen könnten.“[80]
Ihre ursprünglichen Ziele, den Irak in ein Modell für die Region zu verwandeln -- mit einer demokratischen, säkularen marktorientierten und pro-amerikanischen Regierung, die eine langfristige Präsenz von Militärbasen zulässt und nicht feindlich gegenüber Israel auftritt – sind gescheitert. Sie müssten sich nun auf weniger ambitionierte Ziele konzentrieren, die noch zu erreichen seien.
Vorraussetzung dafür wäre allerdings, so die ICG, endlich die Realitäten vor Ort anzuerkennen.
„Der Aufstand wird nicht von einer begrenzten Zahl von Fanatikern geführt, der von der Bevölkerung ist isoliert und sich einem demokratischen Irak widersetzt, sondern wird genährt von nationalistischen Gefühlen, weitverbreitetem Misstrauen in die Absichten der USA und Verbitterung über ihre Aktionen.“ Der aktuelle Übergangsprozess sei nicht die Antwort auf das Legitimitätsdefizit, sondern einer seiner Ursachen. Daran würden auch die Wahlen im Januar nichts ändern, solange die Basisbedürfnisse im Land nicht befriedigt werden können und die brutalen militärischen Operationen anhalten.
Die ICG rät, wie auch die anderen Experten, den USA die Ziele deutlich niedriger zu hängen. Nötig wäre eine doppelte Abkoppelung (disengagement): ein allmählicher politischer und militärischer Rückzug der USA aus dem Irak und eine klare Abkoppelung der irakischen politischen Kräfte von Washington. Da im Irak nur Gegner der USA Anerkennung gewinnen könnten, müsste Washington zulassen, dass die führenden irakischen Kräfte eine Politik verfolgen, die in Opposition zu den US-Interessen stehe.
Zu einem ähnlichen Schluss kommt auch James Dobbins, Direktor des International Security and Defense Policy Center und zuvor Sondergesandter der USA in Kosovo, Bosnien, Haiti, Somalia und Afghanistan. Indem sie das Vertrauen des irakischen Volkes verloren habe, habe die Bush-Administration auch schon den Krieg verloren. Er sieht noch Chancen, dass sich „moderate Iraker“, d.h. pro-westliche, die Oberhand gewinnen könnten. Doch nur, wenn sie sich von Washington lösen und von anderswo Unterstützung holen würden. Die USA sollten, um ihnen zu helfen, ihre Truppen so schnell wie möglich aus dem Land ziehen, Iraker in die Lage versetzen den „Aufstand selbst niederzuschlagen“ und die europäischen Verbündeten sowie den Iran dazuzubringen sich der Sache anzunehmen.[81]
Es ist wenig wahrscheinlich, dass die US-Administration – gestärkt durch die Wiederwahl Bushs – die Ratschläge beherzigen. Der Krieg wird daher nach den Wahlen weiter eskalieren.
Auch viele Kritiker der US-Politik im Irak, wie z.B. Juan Cole, zeigten wenig Verständnis für den Boykott einer erheblichen Anzahl von Organisationen und Wähler, da sie sich ihrer Meinung nach dadurch ihrer Einflussmöglichkeiten auf die zukünftige Entwicklung beraubt hätten. Sie nahmen allerdings die von den Gruppierungen des Boykottlagers vorgebrachten Gründe meist gar nicht zur Kenntnis und reduzierten die Problematik auf die Ängste der Sunniten vor einer schiitischen Mehrheit, Einschüchterung der Kandidaten und Wähler und den offenen Kriegszustand in der Region von Bagdad bis Mossul.
Offensichtlich haben viele immer noch ein zu idealistisches Bild von der Politik der USA und den Möglichkeiten formal demokratischer Institutionen. Sie sehen kein prinzipielles Problem für die Glaubwürdigkeit der Wahlen dadurch, dass sie nicht nur unter Besatzung stattfinden, sondern auch von der Besatzungsmacht organisiert werden. Sie glauben dass trotz der unstrittigen Mängel, die Wahlen ein Schritt zur Wiederherstellung der nationalen Souveränität seien und unvollkommene Wahlen besser wären, als gar keine.
Sie weisen daraufhin, dass schon mehrfach Wahlen, die unter Besatzung stattfanden, den Weg in die Unabhängigkeit eröffnet haben, beispielsweise 1999 in Ost-Timor. Doch sind diese Beispiele nicht zu vergleichen. So hatten UN-Resolutionen die Besatzung Ost-Timors seit 1976 als illegal bezeichnet und Indonesien zum Rückzug aufgefordert. Eine solche klare Haltung gegenüber einer Aggression fehlt gegenüber der US-amerikanischen Besatzung des Iraks völlig.
Bei den Wahlen 1999 wurde keine Marionettenregierung gewählt, die Ost Timor unter fortdauernder Besatzung verwalten sollte. Sie waren verknüpft mit einem direkten Referendum über die Frage ob die Besatzungsmacht das Land verlassen soll oder nicht. Auf eine solche Wahl warten die Iraker vergebens. Die Wahlen wurde auch nicht von der Besatzungsmacht, sondern von den Vereinten Nationen organisiert, mit Tausenden von Wahlhelfern der UNO und von einer großen Zahl von internationalen Wahlbeobachtern überwacht. Die Besatzungstruppen mussten sich weitgehend in ihre Basen zurückziehen.[82]
Auch die Wahlen in den besetzten palästinensischen Gebieten sind nicht vergleichbar, da diese unter Eigenregie, z.T. gegen erhebliche Behinderungen der Besatzer, durchgeführt wurden und trotz großer Mängel den Anspruch der Palästinenser auf Eigenstaatlichkeit untermauerten.[83]
Die Wahlen im Irak hingegen ändern an den Machtverhältnissen im Irak nichts. Eine starke Beteiligung der Iraker würde zwar der Nationalversammlung und der neuen Übergangsregierung mehr Gewicht geben als die bisherigen direkt ernannten Institutionen, weit mehr noch aber eine Legitimierung der US-Pläne bedeuten, wodurch die Herrschaft der USA über das Land gefestigt würde. Daher ist der Wahlboykott der entschieden Besatzungsgegner vernünftig. Je weniger Anerkennung die Wahlen und die daraus entstehende Regierung haben, desto einfacher wird es nach Wiederlangung der Souveränität sein, die mit ihrer Hilfe abgesegneten Maßnahmen wieder rückgängig zu machen.
Die Durchführung wirklich demokratischer Wahlen bleibt daher auf der Tagesordnung. Wie diese aussehen könnten, wurde vom INFC skizziert. Als Minimum müssten folgende Bedingungen erfüllt sein:
Joachim Guilliard,
Heidelberg, 25.1.2005
(unvollendetes Manuskript)
[1] Riverbend, „New Year and Elections...“, 2.1.2005 http://riverbendblog.blogspot.com/2005_01_01_riverbendblog_archive.html#110466627142368992
[2] Die berichteten Zahlen sind nicht konsistent. Die Zahl der Listen schwankt von 83 bis 114. Ursache könnte sein, dass Parteien und Einzelpersonen ihre Kandidatur zurückzogen. Xinhuanet berichtete am 13.1., 53 Organisationen hätten sich wieder von den Wahllisten streichen lassen. (s. Juan Cole, „Falling like Flies – 53 Iraqi Parties Withdraw from Elections, http://www.juancole.com/2005/01/falling-like-flies-53-iraqi-parties.html )
[3] „To vote or not to vote“, Al-Ahram Weekly, 2.12.2004, http://weekly.ahram.org.eg/2004/719/re6.htm
[4] Felicity Arbuthnot, „Iraqi Elections: Farce of the Century“, Global Research, 18 1. 2005 http://globalresearch.ca/articles/ARB501A.html
[5] „Elections in Iraq“, International Institute for Strategic Studies IISS, Volume 10, Issue 9 November 2004
Source: http://www.siteideas.net/IISS_elections.htm
[6] “Dari Explains AMS Stand on Iraqi Polls”, Islam Online, 10.12.2004
[7] Wahab ist von der Irakisch Islamischen Partei, die aus Protest gegen den Angriff auf Fallujah die Zusammenarbeit mit den USA einstellte und aus der Interimsregierung austrat. Siehe „Thousands of Iraqis Have No Votes“, IslamOnline, 15.12.2004
[8] Iraq: Elections Fact Sheet, UN Info Center Washington, http://www.unicwash.org/news/news_iraqelectionfactsheet.html)
Die Einrichtung von Wahlkreisen hätte allerdings die Konflikte in der Region um Kirkuk verschärft, wo die beiden großen Kurdenparteien durch Umsiedlungsmaßnahmen eine kurdische Dominanz durchsetzen wollen.
[9] „As Iraqi Campaign Begins, a Bomb Kills 9 in Karbala“, New York Times, 16.12.2004
Dr. Allawi's campaign started on an unpropitious note, when American and Iraqi forces closed off sections of central Baghdad so he could leave the Green Zone and cross the Tigris River to declare his candidacy at a sports club. But Western reporters judged the three-mile journey to be too hazardous in the bus provided by Allawi aides, and remained behind. Five hours later, he stood before fewer than 60 people, about half of whom were his own aides. With American bodyguards in flak jackets and cradling automatic weapons patrolling the club's auditorium, Dr. Allawi read a brief statement and returned hastily to the Green Zone.
[10] Dahr Jamail, „The Dollar Campaigns for Allawi“, Inter Press Service, January 28, 2005 http://www.antiwar.com/jamail/?articleid=4626
[11] “IRAQ: A ‘free election'?”, Green Left Weekly, December 1, 2004, http://www.greenleft.org.au/back/2004/608/608p16.htm
[12] „Iraqi candidates launch political campaigns, Washington File, 1.6.2005 http://www.washingtonfile.net/Article.asp?ID=3AB5A268-B116-4901-8DF2-15F0E425F447
[13] „Campaigning in Iraq has worsened ethnic, religious tensions“, Knight Ridder Newspapers, 7.1.2005, http://www.sunherald.com/mld/sunherald/10592636.htm
Weiter heißt es: „Asking someone whether he or she is Shiite, Sunni or Kurd was once taboo in Iraq. Iraq was one country, bound through wars and dictatorship, not a nation of divided sects or ethnic groups, came the standard answer.
But that national identity has been breaking down in the parliamentary election campaign. In the absence of political ideologies or competing policy agendas, the nation's newly formed political parties are increasingly depending on religious and ethnic labels to help voters distinguish among them.
[14] „Election News: No Ayatollahs, no Israelis”, Juan Cole, 14.1.2005, http://www.juancole.com/2005/01/election-news-no-ayatollahs-no.html
[15] “After the elections the US will still rule”, Socialist Worker, 15. 1. 2005
[16] Insgesamt sind 29 Berater vor Ort, davon sind 16 von der UNO, 8 von der „International Foundation for Electoral Systems“, 3 von der EU und 2 vom britischen „Department for International Development“
[17] Siehe Eigendarstellung der Irak-Mission auf der IFES-Homepage http://www.ifes.org/reg_activities/iraq-reg-act.htm
[18] Das RTI war eine der ersten Firmen, die mit einem 168 Millionen US-Dollar schweren Vertrag der United States Agency for International Development USAID in der Tasche im Irak ankam. („Companies Get Few Days to Offer Bids on Iraq Work“, NYT October 19, 2003) Das RTI gilt als effektive Wegbereiter für Interessen von US-amerikanischen Großkonzernen und setzte sich in Osteuropa sehr stark für die Übernahme kommunaler Dienstleistungen durch private Konzerne ein. RTI hat bereits viele Aufträge der US Regierung bekommen, um Ländern beim „Übergang“ in die freie Marktwirtschaft behilflich zu sein, insbesondere in den Länder des ehemaligen Ostblocks. (siehe Rania Masri, Re-Constructing or De-Constructing Iraq http://www.zmag.org/content/showarticle.cfm?SectionID=15&ItemID=3912 , dt. „Wiederaufbau oder Ausverkauf des Irak“ in Göbel, Guilliard, Schiffmann (Hg.) Der Irak – Krieg, Besatzung, Widerstand, Köln 2004)
[19] Controversial U.S. Groups Operate Behind Scenes on Iraq Vote, The New Standard, 13.12.2004
[20] ebd. Siehe auch Phyllis Bennis, „Iraqi Elections“, December 20, 2004, http://www.zmag.org/content/showarticle.cfm?SectionID=15&ItemID=6899
Auch Carnegie Endowment for International Peace fehlt nicht im Reigen der Organisationen, die bemüht sind im Irak unter dem Etikett „Demokratiepromotion“ eine pro-amerikanische, neoliberale Führungsschicht aufzubauen, wie sie es in Jugoslawien und ehemaligen Ländern des Ostblocks so erfolgreich praktizierten. (siehe: Herbert Docena, In Iraq, the show must go on, Focus on the Global South, 26.4.2004, http://www.focusweb.org/main/html/Article289.html)
[21] Dies war von UN-Mitarbeitern und Besatzungsgegnern schon lange vorgeschlagen worden auf dieser Basis hätte ihrer Meinung nach auch schon wesentlich früher Wahlen stattfinden können (siehe J. Guilliard „Im Treibsand Iraks“)
[22] „Unter solch instabilen Bedingungen und der Evakuation ganzer Städte wie in Fallujah, werden einige hunderttausend sunnitische Wähler keine Möglichkeit haben ihre Stimmen abzugeben, selbst wenn sie ihren Entschluss die Wahlen zu boykottieren, ändern würden,“ befürchtet auch der Chef der Wahlkommission, Saad Abdel Wahab-(„Thousands of Iraqis Have No Votes“, IslamOnline, 15.12.2004)
[23] „Es ist schon ein sehr schönes Gefühl - Die Stimmen aus Deutschland sind entscheidend für den Erfolg der kurdischen Parteien, sagt Ahmad Berwari“, taz, 17.1.2005
[24] Siehe die Homepage des (OCV), http://www.iraqocv.org/php/index.php?lang=eng, sowie die der IOM http://www.iom.int/
[25] „Iraq poll hangs on overseas vote“, The Guardian, December 26th, 2004.
[26] “Wie kann das eine faire Wahl werden”, Neues Deutschland, 12.1.2004
[27] „Elections face Logistical Obstacles“, Juan Cole, 8.12.2004
”Limited U.N. Role Hinders Iraq Vote” Washington Post , 19.10.2004
[28] „Iraq vote experts will be in Jordan: UN“, Sydney Morning Herald.24.12.2004
[29] „"We are not calling this an observation mission," [Canada's chief electoral officer, Jean-Pierre] Kingsley said. "It is an assessment mission." (Iraqi official seeks more monitors from the UN, IHT, Friday, October 22, 2004
[30] „Observers will stay out of Iraq“, The International Herald Tribune, 24.12.2004
[31] s. „Im Treibsand Iraks“, a.a.O.)
Shiite center of authority had undertaken "a bitter struggle to derail the original American plan of appointing a committee to draft the constitution, and struggled mightily on behalf of holding direct elections before June [of 2004], when sovereignty was transferred and a cabinet was appointed, in which we had no confidence, to form the new government. We were convince that holding the elections before the transfer of sovereignty was possible with a good chance of transparency and fairness. (aus Al-Hayat zitiert nach Juan Cole “Sistani: Sunnis Must have Effective Participation”, 9.1.2005, http://www.juancole.com/2005/01/sistani-sunnis-must-have-effective.html )
[32] Diese Zahlen sind einer offziellen Bekanntmachung entnommen, die in einer kuwaitischen Zeitung veröffentlicht wurden. The Final Statistics Of the Candidates’ Lists, , http://www.juancole.com/2005/01/electoral-lists-kind-person-in-baghdad.html
[33] Juan Cole, „Falling like Flies – 53 Iraqi Parties Withdraw from Elections, http://www.juancole.com/2005/01/falling-like-flies-53-iraqi-parties.html
[34] „Deep divides halt key Iraq meeting“, Christian Science Monitor, 30.7.2004, www.csmonitor.com/2004/0730/p06s01-woiq.html
[35] Wie stark Al Sistani bei der Zusammenstellung der Liste beteiligt war ist nicht ganz klar. Die Listenführer betonen seine führende Rolle, Gegner bestreiten dies und verweisen auf div. Dementis von Sprechern Sistanis. Einer von ihnen bestreitet auch, daß Al Sistani per „fatwa“ zur Wahl aufgerufen hätte.
[36] ... Sistani has ordered the seminaries in the holy city of Najaf to close and send thousands of their students preaching for votes, effectively for the Shi'ite list. "This is the first time Sistani has thrown his weight behind a political cause like this. His approach is indirect as always, but it is understood among the seminary hierarchy that he wants the votes for the Shi'ite list," said a seminary official in Najaf, a main center of Shi'ite learning. ...
Sistani and his son Reda are careful not to appear favoring a certain list. („Sistani Pushes Shi'ites to Vote in Iraq Poll“ Reuters, 6.1.2005
… source close to Grand Ayatollah Ali Sistani … complained that the newspapers had reported that Sistani had ruled that Iraqis must participate in the elections or they would go to hell. He said that Sistani had never said any such thing. “Sistani: Sunnis Must have Effective Participation”, Juan Cole, 9.1.2005
[37] „Ich glaube nicht, dass der Schiitische Rat – so oder so –irgendetwas am Ergebnis ändern wird“, stellte er gegenüber der Chicago Tribune resigniert fest. (siehe „Iraq - Election Politics“, Council on Foreign Relations CFR, Background on the News, http://www.cfr.org/background/iraq_election_politics.php )
[38] „Election News: No Ayatollahs, no Israelis”, Juan Cole, 14.1.2005, http://www.juancole.com/2005/01/election-news-no-ayatollahs-no.html
[39] "The Union of the People list includes personalities of all faiths and all communities," party secretary Hamid Majid Mussa told the daily Al-Madaa, without saying who would head the new group. ... Mussa said negotiations to link the party with other non-religious ones and the Kurds in order to have a wider-based list had failed. "Each preferred to go it alone," he said. („Iraq's communists join election race“, Sydney Morning Herald, December 12, 2004
91 of the 275 candidates on the party's People's Union list are women (Left vies to keep red flag flying but sectarianism set to dominate Iraq poll, afp, 17-12-2004)
[40] Ulrich Ladurner, „Das Ende der Illusionen“, Die Zeit, 15.04.2004, http://www.zeit.de/2004/17/Irak
[41] “5000 hopefuls for Iraq election”, . December 16, 2004 http://www.news.com.au/common/story_page/0,4057,11706209%255E1702,00.html
[42] „Iraq - Election Politics“, CFR a.a.O. (nach anderen Quellen stehen Verteidigungsminister und Industrieminister auf Allawis Liste)
[43] „Secrecy surrounds Iraq vote“, Christian Science Monitor, 13. 1. 2005, http://www.csmonitor.com/2005/0113/p01s03-woiq.html
[44] „Main Points of the Program of People’s Unity (Ittihad Al-Shaab) Electoral List“, http://www.iraqcp.org/members2/0050107icppeng.htm
[45] Adnan Pachachi, „Delay the Elections“, Washingon Post, 2.1.2005
[46] „Iraqi Powers Step Up Election Delay Campaign“ AFP/IslamOnline, 6.12.2004)
[47] „Representatives of seven provinces supports postponing elections, unless they boycott“, Al Sabaah, 29.12.2004, http://www.alsabaah.com/English.html
[48] „Iraq President Urges UN to Review Poll Date“ Reuters, 4.1.2005
[49] „Iraq Attacks Kill 41, UN Envoy Skeptical on Elections“, IslamOnline 5.12.2004
[50] „Iraq’s Fraud Elections“, By Ghali Hassan, Information Clearing House, 6.1.2005
http://informationclearinghouse.info/article7637.htm
[51] „Downsides of Partitioning Iraq“, 4.1.2005
[52] „Postpone the election?“ - Council on Foreign Relations CFR | Background on the News
Updated: December 14, 2004, http://www.cfr.org/background/iraq_postpone.php
[53] „The power to resist“ – Ein Interview mit Harith Al-Dhari, Chef der MSA, Al Ahram weekly, 20. 1. 2005 http://weekly.ahram.org.eg/2005/726/re4.htm
[54] „Sadr livens Iraq campaign sas security threat hangs over elections“, afp, 16.1.2004
[55] Jawad Al Khalisi ist ein angesehener sunnitischer Geistlicher, der sich sehr stark für interkonfessionelle Zusammenarbeit engagiert. Er ist Generalsekretär der unten beschriebenen Dachorganisation Iraqi National Foundation Congress (INFC)
[56] „To vote or not to vote“ a.a.O.
[57] „Battle Near, Iraqi Sunnis Make Offer - Major Shift Includes New Interest in Vote“, Washington Post, 6.11.2004
[58] mehr hier zu unter J. Guilliard, “Vermittlung abgelehnt“, junge Welt, 10.11.2004
[59] Iraqi National Foundation Congress statement on elections, Dead Men Left, 5.11.04, http://deadmenleft.blogspot.com/2004/11/iraqi-national-foundation-congress.html
[60] “Dari Explains AMS Stand on Iraqi Polls”, Islam Online, 10.12.2004
[61] „The power to resist“ a.a.O.
[62] „To vote or not to vote“ a.a.O.
[63] Siehe hierzu „Im Treibsand Iraks“, a.a.O.
[64] Naomi Klein, “Die, then vote. This is Falluja”, The Guardian, November 13, 2004
[65] „The streets of Baghdad are empty. It feels like a city preparing for war“, Independent, 29.1.2005
[66] „The power to resist“ a.a.O.
[67] Haifa Zangana, “Quiet, Or I'll Call Democracy”, The Guardian, 25.12.2004
[68] Elections and Death Squads,- The Mysterious Murders of the ASM Clerics, Counterpunch, 27.11.2005 http://www.counterpunch.org/jacobs11272004.html
[69] „US forces kill Sunni scholar in Iraq, clerics say“, Reuters, 25 December 2004,
On November 22, Sheik Faidh Mohamed Amin al Faidhi, a prominent AMS member, was murdered just one day after the IGI announced that the January 30 poll would go ahead. A day after Faidhi's assassination, Sheik Ghalib Ali al Zuhairi, another high-profile member of the AMS, was shot dead as he left a mosque in Muqdadiyah, “IRAQ: A ‘free election'?”, Green Left Weekly, December 1, 2004
[70] Naomi Klein „You asked for my evidence, Mr Ambassador. Here it is: In Iraq, the US does eliminate those who dare to count the dead, The Guardian, 4.12.2004.
Auf dt: „Wer die Opfer zählt, wird eliminiert“, Freitag, 24.12.2004 http://www.freitag.de/2004/53/04530901.php
[71] siehe J. Guilliard, „Wirtschaftlicher Ausverkauf und neokoloniale Diktatur“ Marxistische Blättern1/04
[72] ‘The Salvador Option’, The Pentagon may put Special-Forces-led assassination or kidnapping teams in Iraq, Newsweek 8.1.2005
[73] „What Can the U.S. Do in Iraq?“ICG
"I don't think they're thinking of a Plan B. What they have is permutations of Plan A: You go for elections, hope for the best and if it doesn't materialize, you go with whatever emerges -- probably a heavily Shiite government," said Henri J. Barkey, a former State Department Iraq (“U.S. Lowers Expectations On Iraq Vote” Washington Post, 13.1.2005
[74] Naomi Klein, Bagdad im Jahr Null, junge Welt, 23.12.2004
[75] Anthony H. Cordesman, „The Developing Iraqi Insurgency: Status at End-2004“, CSIS, Working Draft: Updated December 22, 2004, http://www.csis.org/features/iraq_deviraqinsurgency.pdf
[76] “Blistering attacks threaten Iraq election”, BBC, 5.1.2005, http://news.bbc.co.uk/go/pr/fr/-/2/hi/middle_east/4145585.stm,
[77] Iraq battling more than 200,000 insurgents, afp, 4.1.2005, http://www.dailystar.com.lb/article.asp?edition_id=10&categ_id=2&article_id=11487
[78] ebd.
[79] „Spy chief says 200,000 fighters in Iraq“, Al Jazeera, 3.1.2005, http://english.aljazeera.net/NR/exeres/8F661038-B3AD-4EB2-B5A0-739FEDA1F597.htm
[80] What Can the U.S. Do in Iraq? ICG, Middle East Report N°34, 22.12.2004 http://www.icg.org/home/index.cfm?id=3196&l=1
[81] James Dobbins, „Iraq: Winning the Unwinnable War“ Foreign Affairs, January/February 2005
[82] siehe Phyllis Bennis “Iraqi Elections”;
[83] 'Al-Dari added that it was impossible for fair or free elections to be held under the US occupation as it would create unhealthy reality that leads to marginalizing any Iraqi force opposed to the occupation . . . “Taking part in elections like these means nothing but to grant legitimacy to a completely illegal situation.” '
This way of thinking is completely self-defeating and also historically inaccurate. Nehru would not have been prime minister of an independent India if the Congress Party had not fought elections under British colonial domination. Sistani has the right idea here.