Interview:
Bagdad-Konferenz gegen Krieg: Welche Aktionen planen Sie?

jW sprach mit Athanasios Pafilis aus Athen, geschäftsführender Sekretär des 1948 gegründeten Weltfriedensrates


Interview: Karin Leukefeld, Bagdad - junge Welt vom 03.05.2002
 
F: In Bagdad berieten 75 Solidaritätskomitees aus 40 Ländern am 1. und 2. Mai auf einer internationalen Konferenz über globale Aktivitäten zur Aufhebung der UN-Sanktionen gegen den Irak. Was wurde außerdem diskutiert?

Unser wichtigstes Ziel ist, gemeinsam das UN-Embargo gegen den Irak zu bekämpfen. Die Folgen des Embargos sind furchtbar. Die Menschlichkeit erfordert ein sofortiges Ende dieses Zustandes. Meines Erachtens ist es aber noch wichtiger, die Kriegsvorbereitungen der USA und von Großbritannien gegen den Irak zu stoppen. Schon jetzt führen die USA Krieg in Zentralasien mit dem Ziel, das Öl und die Wirtschaft der gesamten Region zu kontrollieren. Dafür werden weltweit US-Stützpunkte eingerichtet. Die arabischen und auch andere Staaten werden diese aggressive Politik der USA nicht akzeptieren. Hinzu kommt die ungelöste Palästina-Frage. In Griechenland und weltweit gibt es tägliche Demonstrationen für die Palästinenser. Wir erleben täglich eine große Heuchelei. Einerseits verurteilt man Scharon, andererseits übt man ausschließlich auf die Palästinenser Druck aus, »Terrorismus« zu stoppen. Man spricht zwar über das Recht der Palästinenser, einen unabhängigen Staat zu haben, aber niemand hat etwas getan, um den israelischen Premier zu stoppen und zu zwingen, sich aus den palästinensischen Gebieten zurückzuziehen.

F: Hat der Weltfriedensrat konkrete Vorschläge auf der Bagdad-Konferenz eingebracht?

Wir rufen alle Gruppen der Friedensbewegung auf, Druck auf die Regierungen wegen der Lage in Palästina und der UN-Sanktionen gegen den Irak auszuüben. Es muß eine neue, internationale Massenbewegung gegen den Krieg entstehen.

F: In Griechenland ist die Friedensbewegung sehr stark. In anderen europäischen Staaten, wie auch in Deutschland, sieht das ganz anders aus.

Der Einfluß der Massenmedien auf die Bevölkerung ist sehr negativ. Die Medien berichten nicht wahrheitsgemäß über die Lage in der »Dritten Welt«, über den Krieg, die Armut, die menschlichen Probleme, die es gibt. Außerdem hatten die Europäer nach 1990 einige Illusionen über die neue Lage. Viele Leute dachten doch, der kalte Krieg sei vorbei und wir würden jetzt in eine neue, friedliche Welt aufbrechen. Sie hatten die neuen Gefahren nicht begriffen, die durch die Dominanz der USA entstanden waren. Jetzt verstehen sie es langsam. In Griechenland war das von Anfang an anders. Die Friedensbewegung und die Massenorganisationen haben bei uns eine starke Tradition. In Griechenland sind die Menschen insgesamt sehr gegen die USA eingestellt. Der Krieg gegen Jugoslawien wurde vehement abgelehnt. Zum ersten Mal nach dem Zweiten Weltkrieg haben die NATO, die USA und die Großmächte einen unabhängigen Staat angegriffen, ein Mitglied der Vereinten Nationen. Es gab kein Mandat der UNO, diesen Krieg zu führen. Damit wurde das internationale Recht ausgehebelt, die Prinzipien der Charta der Vereinten Nationen wurden verletzt. Der Krieg gegen Jugoslawien hat alle gewarnt, was in Zukunft noch geschehen kann.

F: Die Antikriegsbewegung kommt sehr langsam auf die Beine, hat sie die Kriegsgefahr nicht verstanden?

Ich bin Optimist und überzeugt, daß die Leute verstehen, was vor sich geht. Wichtig ist, jetzt zu handeln, nicht irgendwann. Wenn wir jetzt gegen den Krieg aktiv werden, wird es uns gelingen, Millionen von Menschenleben zu retten.

F: Plant der Weltfriedensrat konkrete Aktionen?

Für Palästina wird es Anfang Juni weltweit Demonstrationen und Konferenzen geben. Ziel ist, Druck auf die jeweiligen Regierungen auszuüben, damit Scharon gezwungen wird, sich aus Palästina zurückzuziehen. In Larnaka auf Zypern organisieren wir am 1. und 2. Juni eine internationale Konferenz zu dem Thema. Unsere Aufmerksamkeit ist auf den neuen Krieg gerichtet, die Kriegsvorbereitungen sind in vollem Gange. Die USA zielen auf Kolumbien, eigentlich wollen sie aber Venezuela angreifen, nachdem Chávez wieder zurück an die Macht gelangt ist. Venezuela ist genauso wichtig wie der Irak.

 
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