Große US-Invasion im Irak im nächsten Frühjahr geplant / Big Invasion Next Year

New York Times berichtet über Kriegspläne gegen Irak - Bush lässt "dementieren"


Am 28. April 2002 berichtet die New York Times über Pläne der Vereinigten Staaten für einen potenziellen Luft- und Bodenangriff auf den Irak Anfang nächsten Jahres. Dabei werde der Einsatz von 70.000 bis 250.000 Soldaten erwogen. Präsident Bush habe das Verteidigungsministerium allerdings noch nicht angewiesen, die Truppen zu mobilisieren. Einen offiziellen Plan für einen Einmarsch gebe es nicht, berichtete die Zeitung weiter - jedenfalls keinen "offiziellen" Plan, der auch für die Öffentlichkeit bestimmt ist.

Der Vorgang an sich ist schon bemerkenswert. Seit Monaten, genauer: seitdem der US-Krieg in Afghanistan im Wesentlichen entscheiden war, also im Dezember letzten Jahres, gibt Washington öffentlichen Spekulationen darüber Nahrung, dass als nächster Kriegsgegner aus der "Achse des Bösen" der Irak auf der Liste der Militärs stehe. Offizielle US-Regierungspolitik sei es, so verlautet des öfteren aus dem Weißen Haus, für einen "Regimewechsel" im Irak zu arbeiten. Bei verschiedenen Gelegenheiten wies Bush darauf hin, dass die USA handeln müssten, damit Bagdad keine Massenvernichtungswaffen bauen und einsetzen könne.

Die New York Times berichtete weiter, im Pentagon seien zwei Strategien verworfen worden, die auf einen Umsturz im Irak durch oppositionelle bewaffnete Kräfte im Inneren orientiert hätten. Weder ein Putsch noch ein bewaffneter Kampf lokaler Oppositionskräfte (sei es Kurden im Norden oder Schiiten im Süden) könne zu einem Regimewechsel führen. Möglicherweise war Ernüchterung im Pentagon eingetreten, nachdem sich wenige Tage zuvor US-Militärs und Geheimdienstmitarbeiter mit irakischen Kurdenführern bei Berlin getroffen hatten. Die Zeitung US-Today berichtete am 29. April 2002, CIA-Chef George Tenet habe Bush Anfang des Monats darüber informiert, dass der geheimdienst die Chancen für einen Putsch gegen Saddam für äußerst gering halte. Daher plädiere er für eine groß angelegte Militäroperation, sprich: für einen Krieg. Die USA, so dämmert es wohl auch der Administration, könne für den Sturz Saddams nur selbst oder im Verein mit einer Allianz von Verbündeten sorgen. Dabei böte sich in erster Linie wieder der engste Kampfgefährte Großbritannien an.

Das aber braucht mehr Vorbereitungszeit, als den Hardlinern um Bush lieb ist. Die New York Times mutmaßt, dass als Zeitpunkt für einen Angriff Anfang 2003 in Frage komme, weil erst dann "die richtigen militärischen, wirtschaftlichen und diplomatischen Bedingungen" geschaffen wären. Anfang des Jahres seien die klimatischen Bedingungen für GIs verträglicher als im Sommer. Außerdem müsse die Bevölkerung auf einen möglichen weltweiten Ölpreis-Schock vorbereitet werden. Und drittens sind Fortschritte im Nahost-Konflikt unerlässlich, d.h. es muss eine gewisse Beruhigung an der israelisch-palästinensischen Kampffront eintreten.

Doch trotz aller Rücksicht etwa auf die Befindlichkeit der Saudis und anderer arabischer Regime gehe das Pentagon davon aus, dass ein Militäreinsatz vermutlich ohne saudiarabische Unterstützung stattfinden werde. Als Ersatz für Luftwaffenstützpunkte in Saudi-Arabien kämen bei den Planungen Kuwait und Katar in Betracht. Als weitere Basen für die USA könnten die Türkei, Oman und Bahrein dienen; doch auch in all diesen Fällen gäbe es noch Ungewissheiten.

Einen Tag nach dem Bericht in der New York Times ließ Washington dementieren. Doch die Klarstellung des Präsidenten ist kein wirkliches Dementi. Ari Fleischer, der Sprecher des Weißen Hauses, sagte am 29. April lediglich, der Präsident habe sich bisher auf keinen konkreten Vorschlag festgelegt. Er hat aber nicht dementiert, dass die USA einen Krieg vorhabe. Auch die Demokraten im Kongress sind sich mit ihrem Pärsidenten einig darin, dass der Krieg sein müsse, jetzt sei es dazu aber noch zu früh. Der demokratische Senatsführer Tom Daschle sagte, zunächst müsse der Krieg gegen den Terror gewonnen und Afghanistan stabilisiert werden.

Pst; Quellen: Die Welt am Sonntag, 28.04.2002; New York Times, 28.04.2002; Frankfurter Rundschau, 30.04.2002

U.S. Envisions Blueprint on Iraq Including Big Invasion Next Year (New York Times 28.4.2002)


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