Europäische JuristInnen verlangen Aufhebung des Irak-Embargos
Am Freitag, den 29.09.2000 ist ein ziviler Passagier-Flug von Paris in den Irak gescheitert mit dem gegen das UNO-Embargo protestiert werden sollte. Vorangegangen waren Flüge aus Jordanien, Russland, Jemen und Frankreich. Hintergrund für den am vergangenen Freitag geplanten Flug war die Forderung verschiedener humanitärer Organisationen (insbesondere Enfants du Monde - Droits de l'Homme) in Frankreich, das von der UNO seit 10 Jahren gegen den Irak verhängte Wirtschafts-Embargo für nicht militärische Güter aufzuheben. Zur Teilnahme an dem Flug hatten sich Freitag früh zahlreiche Persönlichkeiten auf dem internationalem Pariser Flughafen Roissy Charles de Gaulle eingefunden, darunter der in diesem Frühjahr zurückgetretene UN-Koordinator für humanitäre Angelegenheiten im Irak Hans von Sponeck, der ehemalige französische Aussenminister Claude Cheysson, der Unterhausabgeordnete der englischen Labour Party Georges Galloway und zahlreiche Abgeordnete verschiedener Parlamente. Aus der Schweiz hatten sich unter anderem Walter de Gregorio, Patrice Mugny und Ruth-Gaby Vermot-Mangold auf dem Flughafen eingefunden. Ebenfalls an Aktion beteiligt war die EJDM, Europäische Vereinigung von Juristinnen und Juristen für Demokratie und Menschenrechte in der Welt.
Obwohl die lange vorher informierte französische Regierung keine politischen oder rechtlichen Bedenken gegen diesen Flug geäußert hatte und eine Unterrichtung des UNO-Embargo-Komitees für ausreichend ansah, konnte der Flug nicht durchgeführt werden. Fünf verschiedene Fluggesellschaften in Frankreich, Belgien, Russland und Italien hatten sich zunächst nacheinander bereit erklärt den Flug durchzuführen. Alle sagten dann kurzfristig nacheinander wieder ab. Angesichts der vorangegangenen Pressemeldungen muss aus dem Verhalten der Fluggesellschaften geschlossen werden, dass sie insbesondere durch die USA und England direkt oder indirekt unter Druck gesetzt wurden, um die Zusage zurückzuziehen. Die mehrere Stunden auf den Flug wartenden Passagiere protestierten daraufhin in einer Demonstration auf dem Pariser Flughafen gegen diese politische Repression und gegen die unzulässige Einschränkung ihrer Freiheitsrechte. Der UNO-Sicherheitsrat hat zu keinem Zeitpunkt in seinen zahlreichen Irak-Resolutionen ein Luftverkehrsembargo beschlossen. Die Verhinderung des Fluges war daher illegal.
Das politische Ziel - die Aufhebung des Wirtschafts-Embargos - bleibt dennoch weiter auf der Tagesordnung. Die EJDM Europäische Vereinigung von Juristinnen und Juristen für Demokratie und Menschenrechte in der Welt appelliert daher an die Regierungen der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union ebenso wie an die Regierungen anderer europäischer Staaten, die Aufhebung des Embargos gegen den Irak innerhalb des UN-Sicherheitsrats durchzusetzen.
Das Embargo ist zutiefst inhuman. Nach Schätzungen der UNO haben über 500.000 Kinder infolge des Krieges und des Embargos ihr Leben verloren. Ebenso bedrohlich ist das Embargo für alle nicht vermögenden kranken und alten Menschen im Irak. Mit Recht wird das Embargo - die Waffe des Hungers - als kriminell und als Völkermord bezeichnet.
Das Embargo ist auch ungeeignet die angeblich mit ihm verfolgten Zwecke zu erreichen. Es trifft in erster Linie die normale Bevölkerung und den Mittelstand. Die wohlhabende herrschende Elite kann weiterhin im Luxus leben.
Das ursprünglich mit dem Embargo verfolgte Ziel, der Rückzug des Irak aus den vom Militär besetzten Gebieten, ist schon bei Kriegsende erreicht worden. Die später nachgeschobenen Gründe rechtfertigen nach dem Völkerrecht keine Aufrechterhaltung des Embargos, zumindest nicht für 10 Jahre. Das Embargo ist daher illegal, wie verschiedene Rechtsgutachten beweisen.
Die unbestrittenen Menschenrechtsverletzungen durch die irakische Regierung, die Unterdrückung der Demokratie im Irak und auch die Gefährlichkeit der Regierung können ebenfalls nicht das Embargo rechtfertigen. Das Völkerrecht liefert dafür keine Grundlage. Leicht ließe sich eine längere Liste von Ländern und Regierungen aufstellen, denen ähnliche Verstöße gegen das Völkerrecht anzulasten sind, ohne dass über das Aushungern der Bevölkerung dieser Länder auch nur nachgedacht wird.
Es ist unter diesen Umständen unverständlich, dass der überwiegende Teil der Regierungen der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union und anderer europäischer Länder sich bisher in dieser Angelegenheit weitgehend gleichgültig verhalten. Das zum Teil festzustellende Desinteresse der Öffentlichkeit, entbindet die Regierungen jedenfalls nicht von ihrer Verantwortung. Eventuelle Freundschaften mit der Regierung der USA können dies ebenfalls nicht. |