Teillösungen abgelehnt |
Dritte Gesprächsrunde zwischen UNO und Irak in Wien. Verhandlungen über Waffeninspektoren |
Karin Leukefeld, junge Welt vom 04.07.2002 |
Am heutigen Donnerstag beginnt in Wien die dritte Gesprächsrunde zwischen den Vereinten Nationen (UN) und dem Irak. Bereits am 7. März und am 1. Mai waren beide Seiten in New York zusammengekommen. Der Tagungsort in Österreich wurde dieses Mal gewählt, weil die US-Behörden Teilnehmern der irakischen Delegation bei den vergangenen Treffen erhebliche Probleme bei der Einreise machten. Wien ist auch Sitz der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA). Seit Inkrafttreten der »smart sanctions«, den sogenannten intelligenten Sanktionen, am 1. Juni überprüft die IAEA zusammen mit dem UN-Komitee für die Waffenkontrollen im Irak, UNMOVIC, alle Verträge im Rahmen des Programms »Öl für Nahrungsmittel« auf ihre zivil-militärische Nutzung. Bisher war ausschließlich das sogenannte Sanktionskomitee 661 beim UN-Sicherheitsrat dafür zuständig.
Auf seiten der Vereinten Nationen sind neben Generalsekretär Kofi Annan der Leiter der IAEA, Mohammed El Baradei, sowie Hans Blix, Leiter von UNMOVIC, vertreten. Auch Rechtsberater Hans Corell und Botschafter Yuli Vorontsov gehören zur UN-Delegation. Vorontsov befaßt sich mit den Forderungen von Kuwait an den Irak. Seine Teilnahme könnte bedeuten, daß über die Rückkehr von kuwaitischen Kriegsgefangenen aus dem Irak sowie die Rückgabe des kuwaitischen Nationalarchivs gesprochen wird. Irak hat sich in beiden Fragen verhandlungsbereit gezeigt. Wer neben Außenminister Naji Sabri und dem UN-Botschafter Mohammad Al-Douri auf irakischer Seite teilnehmen wird, war im Vorfeld nicht bekannt. Kofi Annan hat seinen Gesprächsrahmen eng gesteckt. Ziel sei es, daß Irak die Rückkehr der UN-Waffenkontrolleure akzeptiere, sagte er. Erst wenn diese nachweisen könnten, daß das Land keine Pläne für Massenvernichtungswaffen hat, könne das Sanktionsregime aufgehoben werden. Die Waffeninspektoren, die bereits Hunderte von Einrichtungen im Irak untersuchten, hatten im Dezember 1998 den Irak überstürzt verlassen. Im Anschluß begannen die USA mit viertägigen Luftangriffen auf Bagdad. Seitdem verweigert der Irak ihnen die Wiedereinreise. Einige der »Inspektoren« hatten nach eigenem Bekunden für die USA und Israel spioniert, was zumindest Washington bestätigte. In Bagdad will man nun eine Garantie, daß sich in neuen Inspektorenteams keine Spione befinden. Offenbar seien die hochqualifizierten Inspektoren gar nicht befugt gewesen, einen positiven Abschlußbericht zu verfassen, vermutet der frühere irakische Botschafter in Bonn, Dr. Al-Hashimi. Im Dezember 1998 waren die Kontrollen fast vollständig abgeschlossen. Der Irak will sich bei den Wiener Gesprächen nicht auf den vorgegebenen Komplex beschränken. Das betonte UN-Botschafter Al-Douri, der Journalisten in New York drei weitere Themen nannte: die sofortige Aufhebung der Sanktionen und der »Flugverbotszonen« im Nord- und Südirak sowie die Schaffung einer atomwaffenfreien Zone im Mittleren Osten. Die einzig bekannte Atommacht in der arabischen Region ist Israel. Außerdem erwarte Bagdad Antworten auf einen Fragenkatalog, der im März Kofi Annan überreicht wurde, so Al-Douri. Unter anderem sollen sich die Vereinten Nationen zu den US-Drohungen gegen den irakischen Präsidenten Saddam Hussein äußern. Kofi Annan ist vom Sicherheitsrat allerdings nicht autorisiert, über diese Fragen mit der irakischen Delegation zu verhandeln. In einem Schreiben an die UN, das auch der japanischen Nachrichtenagentur Kyodo zuging, kritisierte der irakische Außenminister vor wenigen Tagen in scharfen Worten die »Flugverbotszonen«. Überflüge von Kampfjets hätten erheblich zugenommen und seien ein »klarer Ausdruck permanenten staatlichen Terrorismus«. Während nur eines Monats seien 992 feindliche Überflüge registriert worden, in sechs Fällen sei es zu Angriffen gekommen. Bei diesen Bombenangriffen habe es zwei Tote und mehr als 27 Verletzte gegeben. »Die Sicherheit, Souveränität und territoriale Integrität des Irak wird von zwei ständigen Mitgliedern im Sicherheitsrat verletzt«, sagte Sabri kurz vor seiner Abreise aus Bagdad. Für die »Flugverbotszonen«, die von US- und britischen Jets »kontrolliert« werden, gibt es keinen UN-Beschluß. Der Irak, so der Außenminister, werde weiterhin sein »legitimes Recht auf Selbstverteidigung« in Anspruch nehmen. Dennoch hofft Sabri auf eine umfassende Vereinbarung bei den Wiener Gesprächen. Allerdings müsse diese mit der »vollständigen und bestimmten Aufhebung des unmoralischen und kriminellen Embargos« beginnen, sagte er. »Teillösungen« werde man nicht akzeptieren. |
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