Ölboykott aufgehoben |
Irak enttäuscht über mangelnde Unterstützung. Internationale Konferenz fordert Embargoende |
Karin Leukefeld, Bagdad |
junge Welt vom 07.05.2002 |
Der Irak nimmt nach einmonatigem Exportstopp seine Öllieferungen wieder auf. Ein entsprechender Kabinettsbeschluß tritt am heutigen Dienstag in Kraft. Irak hatte das Ölembargo am 8. April als außenpolitisches Druckmittel gegen die israelische Offensive im Westjordanland verhängt. Die irakische Führung äußerte Bedauern darüber, daß sich andere Staaten wie Saudi-Arabien und Kuwait dem Ölboykott nicht angeschlossen haben. Es sei aber gelungen, mit dem Schritt die Haltung der arabischen Welt gegenüber Israel deutlich zu machen, hieß es in Bagdad am Sonntag. Dennoch, Irak blieb das einzige arabische Land, das mit seinem Ausfuhrstopp für Öl den Versuch einer direkten wirtschaftlichen Intervention gegen das militärische Vorgehen der israelischen Armee in den palästinensischen Autonomiegebieten unternommen hat. Der Einnahmeverlust beläuft sich auf rund eine Milliarde US-Dollar. In der vergangenen Woche ging derweil die internationale Konferenz der »Freundschaftsgesellschaften mit dem Irak« über globale Aktivitäten zur Aufhebung der UN-Sanktionen zu Ende. 75 Solidaritäts- und Freundschaftskomitees aus 40 Ländern Asiens, Europas, Afrikas, Australiens, Latein- und Nordamerikas tauschten ihre Meinungen und Vorschläge über die soziale und wirtschaftliche Lage des Landes, einen neuen drohenden US-Militärschlag sowie Möglichkeiten der internationalen Solidarität aus. In nahezu allen Beiträgen spielte aus aktuellem Anlaß die zugespitzte Lage in Palästina eine wichtige Rolle. An praktischen Vorschlägen der Solidaritätsarbeit mangelte es nicht auf der Konferenz. Der deutsche Journalist Jürgen Köchlin berichtete von der Initiative für eine Städtepartnerschaft Heidelberg-Mossul (Nordirak). Köchlin war nach eigenen Angaben von einem Interview mit dem ehemaligen Koordinator für das humanitäre UN-Programm im Irak, Hans Graf von Sponeck, so beeindruckt, daß er begann, sich aktiv für freundschaftliche Beziehungen mit dem Irak einzusetzen. Außerdem wurde mehrfach der Vorschlag vorgebracht, die Arbeit für ausländische Journalisten im Irak zu erleichtern, um dem internationalen »Kommunikationskrieg« etwas entgegensetzen zu können. Vertreter westlicher Solidaritätskomitees appellierten zudem an die irakische Führung, in der Frage der UN-Waffeninspektoren Entgegenkommen zu zeigen und Kontrollteams zuzulassen. Der Gastgeber der Konferenz, Dr. Abdel Razzar Al-Hashimi, Vorsitzender der »Organisation für Freundschaft, Frieden und Solidarität« und ehemaliger irakischer Botschafter in Bonn, wies diese Forderungen zurück. In knappen Worten erklärte er die irakische Position. Wenn die USA den Irak angreifen wollen, würden sie das ohnehin tun, so Al-Hashimi. Das habe man sowohl 1996 als auch 1998 gesehen, als die USA militärische Angriffe auf den Irak flogen, obwohl die Inspektoren sich damals im Land befunden hätten. Acht Jahre lang hätten die Inspektorenteams gearbeitet. Die gesamten Kosten dieser Arbeit habe der Irak tragen müssen, wie übrigens für den ganzen UN-Einsatz im Land. Mehr als 1000 hochdotierte Experten hätten Tausende von Inspektionen in mehr als 500 Einrichtungen durchgeführt. Warum sei die Arbeit in der langen Zeit nicht beendet worden, fragte Al-Hashimi. Seien die Experten nicht qualifiziert oder nicht befugt, über den Abschluß der Untersuchungen zu entscheiden? Da man davon ausgehen könne, daß die Experten hoch qualifiziert seien, müsse man schlußfolgern, daß sie keine Entscheidungsbefugnis hätten. Außerdem seien, so Al-Hashimi, im Rahmen der 1998 abgebrochenen UN-Inspektionen zumindest für die USA und Großbritannien »Ermittlungstätigkeiten« durchgeführt worden. Einrichtungen, die zuvor untersucht worden waren, seien später von britischen und US-Kampfjets angegriffen worden. Darum bezeichne der Irak diese Inspektorenteams als »Spione«. Der Irak habe seine Verpflichtungen erfüllt und warte nun darauf, daß der UN-Sicherheitsrat seinerseits seinen Verpflichtungen nachkomme und die UN-Sanktionen endlich aufhebe. Die Teilnehmer der Solidaritätskonferenz verabredeten eine Reihe von Aktionen, bei denen bis Ende Mai weltweit die sofortige und bedingungslose Aufhebung der UN-Sanktionen thematisiert werden soll. Die von den USA geforderten »intelligenten Sanktionen« (smart sanctions) wurden zurückgewiesen. Ende Mai wird bei der UNO in New York über die Fortsetzung der Sanktionen gegen den Irak und eine neue Phase des Programms »Öl für Nahrungsmittel« entschieden. Vorbereitende Gespräche fanden in der vergangenen Woche in New York zwischen Kofi Annan und dem irakischen Außenminister Sabri statt. * Veranstaltungshinweis: Der Irak: Zwischen Diktatur, Embargo und US-Kriegsbedrohung. Montag, 13. Mai 2002, 20 Uhr im Großen Saal der Alten Feuerwache, (Melchiorstr. 3, Köln-Nordstadt). Mit Dr. Sadik AlBiladi (Aktivist in der Menschenrechtsbewegung im Irak) und jW-Autorin Karin Leukefeld |
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