DIE WELT - Donnerstag, 31. Mai 2001
Orient-Institut gibt Rückendeckung
Mit Gelassenheit hat am Mittwoch der Leiter des Deutschen Orient-
Instituts, Prof. Udo Steinbach, auf den Vorwurf der zwielichtigen
Haltung des Instituts gegenüber der Menschenrechtslage im Irak
reagiert. [s. Deutsches Orientinstitut im Zwielicht]
Der mit staatlichen Geldern finanzierten Forschungseinrichtung war von
den Menschenrechts- und Flüchtlingsorganisationen
Medico international und Pro Asyl vorgeworfen worden, mit Aziz A.
seit Jahren einen Wissenschaftler zu beschäftigen, welcher der im
Irak herrschenden Baath-Partei von Saddam Hussein nahe stehe. Der
Mitarbeiter aus dem Irak nutze seine Stellung im Institut, um seinem
Eintreten für den Irak "den Anschein von Seriosität" zu verleihen.
"Das ist doch ein alter Vorwurf", sagte Institutsleiter Steinbach.
"Seit zwanzig Jahren streite ich mich mit Herrn A. über dessen
Haltung zu Saddam Hussein. Aber in unserem Haus herrscht Meinungs-
freiheit, und er ist ein glänzender Wissenschaftler. Deshalb schmeiße
ich ihn doch nicht raus." Steinbach räumte ein, dass Aziz A. im
Bezug auf den Irak die nötige "wissenschaftliche Distanz" fehle.
"Deshalb lasse ich ihn in unserem Jahrbuch auch nicht das Kapitel
über diesen Staat verfassen", so Steinbach. Im Übrigen bemühe sich
der Mitarbeiter um die Menschen im Irak. Seit Dezember versuche er
einen Flug mit humanitären Hilfsgütern zum Golf auf den Weg zu
bringen.
Aziz A. ist Generalsekretär der Deutsch-Irakischen Gesellschaft sowie
Vize-Präsident des Kongresses der Ausländer-Iraker. Dem Kongress wird
vorgeworfen, der Baath-Partei nahe zu stehen und sich regelmäßig in
der irakischen Hauptstadt Bagdad mit Regierungsvertretern zu treffen.
In einer aktuellen Kampagne zu Gunsten des irakischen Regimes trete
der Forscher offen als Mitarbeiter des Orient-Instituts auf, kriti-
sierten die Menschenrechtsorganisationen. A. hatte 1991 im deutschen
Fernsehen die Bombenangriffe auf Bagdad scharf verurteilt. Er sei
auch in seiner Haltung gegenüber dem Diktator Saddam Hussein "etwas
blauäugig". Aber in seinem Verhalten gegenüber Deutschland und dem
Orient-Institut sei er absolut loyal, sagte Steinbach: "Wenn es um
deutsche Interessen geht, verhält Herr A. sich patriotischer als ich."
mk