Wenig Interesse am Schicksal des irakischen Volkes
Stellungnahme zur Bundestagsdebatte zur Aufhebung der Sanktionen
5. Februar 2002
Am Freitag, dem 25.01.2002, stand erneut ein Antrag der PDS zur Aufhebung der Sanktionen gegen den Irak auf der Tagesordnung des Deutschen Bundestages. Das Ziel war die Bundesregierung aufzufordern, "sich gegenüber den Mitgliedern des VN-Sicherheitsrates dafür einzusetzen, dass diese für eine sofortige Aufhebung der gegen den Irak verhängten Wirtschaftssanktionen mit Ausnahme der militärischen eintreten". Der Antrag wurde mit den Stimmen aller anderen Parteien abgelehnt. Hierzu erklärt die bundesweite "Initiative zur Aufhebung des Irakembargos":
Wir bedauern, dass der Deutsche Bundestag den Antrag abgelehnt hat. Wir bedauern auch die geringe Bedeutung, welche die große Mehrheit des Bundestags diesem Anliegen entgegenbringt. Sie lässt sich schon daran ermessen, dass der Tagungsordnungspunkt am späten Freitag aufgerufen wurde und die Sprecher aller Fraktionen, außer der antragstellenden, ihre Reden zu Protokoll gaben.
Alle Fraktionen haben inzwischen die verheerende Situation der irakischen Bevölkerung aufgrund der bisher umfassendsten Wirtschaftssanktionen gegen ein Land bedauernd zur Kenntnis genommen.
Politische Konsequenzen ziehen sie jedoch aus den vielen Berichten internationaler Organisationen über die menschliche Katastrophe eines ganzen Volkes nicht. Weder Schätzungen, die von monatlich 5.000 embargobedingten Todesopfern ausgehen, noch die Bekanntgabe der UNICEF, wonach die Kindersterblichkeit sich in den letzen zehn Jahren verdoppelt hat, haben bisher ein Umdenken bewirkt.
Ein Votum des Bundestags gegen die Iraksanktionen wäre gerade jetzt ein deutliches und dringend notwendiges Signal gewesen.
Sanktionen mit so gravierenden Folgen für das Leben und die Gesundheit einer unschuldigen Bevölkerung, sind mit keinen politischen oder sonstigen Zielen zu rechtfertigen. Sie verstoßen gegen fundamentale Menschenrechte und eine Vielzahl internationaler Konventionen und das humanitäre Völkerrecht. Es ist dabei unerheblich, wie Professor Marc Bossuyt in einem vom Unterausschuss der UN-Menschenrechtskommission bestellten Gutachten betont, inwieweit das irakische Regime selbst zur Situation beigetragen hat. Da die Folgen des Embargos seit langem bekannt sind, sind die Staaten, die es durchsetzen, auch dafür verantwortlich. Bossuyt zufolge sind die Sanktionen, die ein ganzes Volk zur Geisel machen. eindeutig illegal. Wer auf ihnen beharrt nimmt weitere unschuldige Opfer bewusst in Kauf.
Der Verweis, dass die Einfuhr von Nahrungsmitteln und Medikamenten nie unter das Embargo fiel, führt bewusst in die Irre. Fehlende Devisen, zerstörte Infrastruktur und die verschiedenen Behinderungen durch das Sanktionsregime führten auch hier in der Praxis zu massiven Lieferbeschränkungen. Aktuell vertieft beispielsweise das Blockieren humanitärer Güter im Wert von 4,95 Milliarden Dollar durch den Sanktionsausschuss den Schaden der Sanktionen erheblich.
Auch die Vorwürfe die irakische Führung würde ihre Möglichkeiten die Versorgungslage zu verbessern nicht auszunützen oder gar der Bevölkerung gezielt Lebensmittel vorenthalten sind nicht haltbar. Die früheren Leiter des UN-Hilfsprogramms für den Irak, Dennis Halliday und Hans von Sponeck haben mehrfach öffentlich versichert, dass die wenigen zur Verfügung stehenden Mittel von der irakischen Regierung im großen und ganzen effektiv und gerecht eingesetzt würden. Probleme bereiten jedoch die ebenfalls embargobedingt mangelhaften Transport- und Lagerkapazitäten sowie Kommunikationseinrichtungen.
In massenhafte Armut und äußersten Mangel gestürzt, benötigen die Iraker Arbeitsplätze und ausreichende Löhne. Das vom UN-Sicherheitsrat selbst eingesetzte "Humanitäre Gremium" kam 1999 zu der Schlussfolgerung, dass die humanitäre Krise im Irak anhalten werde, wenn es nicht zu einem "anhaltenden Aufschwung der irakischen Wirtschaft" kommt.. Ein solcher Aufschwung wäre aber auch unter den zur Zeit diskutierten sogenannten "schlauen Sanktionen" nicht möglich. Weder ausländische Darlehen, noch ausländische Investitionen, noch der Zugang zu Devisen, noch irakische Exporte mit Ausnahme von Öl werden nach diesen Vorschlägen erlaubt sein. Auch wird es keine zusätzlichen Mittel für Lehrer und öffentliche Bedienstete oder für die Wiederherstellung und Unterhaltung der zerrütteten Infrastruktur, der Krankenhäuser und Schulen geben.
Die bundsweite Initiative gegen das Irakembargo appelliert an die Parteien im Deutschen Bundestag, sich um ein tieferes Verständnis der menschlichen Tragödie im Irak zu bemühen und dabei zu berücksichtigen, dass Deutschland sich verpflichtet sehen sollte, sich für die Einhaltung des geltenden Völkerrechts einzusetzen. Das Angebot der irakischen Regierung ohne Vorbedingungen mit den Vereinten Nationen zu verhandeln, sollte ohne Vorbehalt angenommen und damit der Kriegsgefahr begegnet werden.
gez.
Hans von Sponeck
Jamal Karsli
Joachim Guillard
Sprecher der Initiative gegen das Irakembargo
Initiative gegen das Irakembargo Deutschland
c/o Jamal Karsli
Platz des Landtags 1
40221 Düsseldorf
Sprecher:
Hans von Sponeck
(ehem. UN-Koordinator für den Irak)
0041-227-744440
Dipl.-Ing. Jamal Karsli
MdL NRW
Tel: (0211) 884 2602
E-Mail: jamal.karsli@landtag.nrw.de
Joachim Guilliard
Tel.: (0171) 5813890
E-Mail: joachim.Guilliard@t-online.de
Internet: http:/www.embargos.de