„Zum ersten Mal seit Jahrzehnten sind die Iraker wirklich frei“ schrieb der US-Statthalter im Irak, Paul Bremer, am 13. Juli 2003 in einem Gastbeitrag für die New York Times. Das Land sei zwar noch nicht vollständig demokratisch, aber die „Freiheit von Nord nach Süd auf dem Vormarsch“. Bedauerlicherweise würden diese Fortschritte von einer kleinen Widerstandsgruppe verunglimpft, hinter der aber nur Akteure des ehemaligen Regimes und ausländische Terroristen stünden, die feige „im Verborgenen agieren“.
Die Bilanz der von Bremer gepriesenen „Freiheit“ sieht für die Betroffenen bitter aus. Auch Monate nach Ende der Hauptkampfhandlungen gibt es nur stundenweise Strom und fließendes Wasser und dies bei der glühenden Sommerhitze Mesopotamiens. Lebensmittel und Medikamente sind knapp, Krankenhäuser funktionieren nur eingeschränkt und ein Gesundheitssystem gibt es nicht mehr. Die unter dem Embargo bereits erschreckend angewachsene Kindersterblichkeit, die im Vorjahr bei 57 pro tausend Geburten lag, ist nun auf 103 pro tausend Geburten gestiegen. Somit stirbt aktuell jedes zehnte Kind bei der Geburt.[1] Die Besatzung ist überall spürbar: alle wesentlichen Belange des Lebens regelt die Besatzungsbehörde, die Polizei wird von Ausländern ausgebildet und eingesetzt. Überall auf den Straßen sind die Iraker konfrontiert mit Checkpoints, Betonbarrieren und Stacheldrahtverhauen, sowie demütigenden Kontrollen.
In den Straßen herrscht dennoch die nackte Gewalt: Überfälle, Morde, Vergewaltigungen und Mädchenraub sind allgegenwärtig. Die Zahl, der bei Schießereien getöteten Menschen, ist um das 25-fache gestiegen. Lag die Zahl der monatlichen Schusswaffenopfer in Bagdad im Vorjahr bei zwanzig, so betrug sie im Juni 2003 bereits 389 und stieg im August auf 518.[2] Robert Fisk, der renommierte Reporter des britischen Independent, schätzt auf der Basis von Bagdad und drei weiteren Städte, dass wöchentlich mindestens 1000 Iraker und Irakerinnen bei Überfällen, Streitereien, Racheaktionen etc., sowie durch die Besatzungstruppen getötet werden.[3] Dies und der vollständige Zusammenbruch des Sozial-, Schul- und Gesundheitssystems hat eine Situation katastrophalen Ausmaßes geschaffen, die alles bisherige in der leidvollen Geschichte des Landes in den Schatten stellt.
Die Probleme in der Gesundheitsversorgung sind symptomatisch. Sie wurden nach Ansicht einer Sprecherin des Roten Kreuzes vor Ort durch die Entlassung erfahrener Ärzte aus wichtigen Positionen auf Grund ihrer bloßen Mitgliedschaft in der Baath-Partei noch verstärkt. In vielen Bereichen herrsche seither völlige Konfusion. Die zuständigen Besatzungsbehörden sehen sich außerstande, mit den für das zweite Halbjahr zur Verfügung stehenden 210 Millionen US-Dollar – weniger als ein Prozent der Besatzungskosten für diesen Zeitraum – das Gesundheitssystem auf die Beine zu stellen, und hoffen auf die internationale Geberkonferenz, die im Oktober in Madrid geplant ist.[4] Ein Teil der knappen Mittel wird zudem durch die Einführung US-amerikanischer Standards verschlungen, die den Austausch der bisher gebräuchlichen europäischen Geräte durch entsprechende aus den US-amerikanischer Fertigung erfordern.
Ähnliche Probleme herrschen auch in anderen Bereichen. So werden für die Reparaturen an Kraftwerken, Telefonnetzen usw. nicht die europäischen Firmen herangezogen, die sie gebaut haben.[5] Auch irakische Firmen bleiben außen vor, obwohl der Irak über eine große Zahl gut ausgebildeter Fachleute und Ingeneure verfügt. Diesen war es nach dem Krieg 1991 trotz Embargo relativ schnell gelungen, die wesentlichsten Teile der Infrastruktur wieder in Gang zu bringen. Die Besatzungsbehörde vergibt die Arbeiten aber fast ausschließlich an US-Konzerne, auch wenn diese ein Vielfaches von dem kassieren, was irakische Unternehmen dafür veranschlagten.[6] Die US-Firmen greifen zudem häufig auf eigenes Personal zurück oder holen asiatische Arbeiter ins Land.[7] Eine Verringerung der Arbeitslosigkeit, die weit über 60% liegt, ist unter diesen Umständen nicht zu erwarten.
Die chaotischen Verhältnisse im Irak waren zunächst eine direkte Folge davon, wie und mit welchem Ziel der Krieg geführt wurde. Er ging bekanntlich nicht um konkrete Streitpunkte zwischen zwei Kriegsparteien, die es der unterlegenen Partei erlaubt hätten, nachzugeben oder zu kapitulieren. Das proklamierte Ziel war der Sturz der herrschenden Regierung. Es ging aber nicht um eine bloße Übernahme der Macht: Im Stile einer klassischen Eroberung sollte die alte Staatsführung physisch ausgeschaltet und der bestehende Staatsapparat zerschlagen werden.
Dem Zusammenbruch des alten Regimes folgten Plünderungen und systematische Brandschatzungen, die von den Invasoren nicht behindert, sondern vielen Berichten zufolge sogar gefördert wurden.[8] Sofort unter strengster Bewachung standen das Ölministerium und auch die Anlagen der Ölindustrie des Irak – deutliche Zeichen, um was es den Eindringlingen tatsächlich geht. Ein großer Teil des kulturellen Erbes und die meisten staatlichen Einrichtungen aber, fielen den Zerstörungen zum Opfer: Museen, Bibliotheken, Ministerien, Krankenhäuser und Universitäten wurden ein Raub der Flammen, „die gesamte Infrastruktur einer Nation, die wir angeblich aufbauen wollen“, so Robert Fisk.[9] Viele arabische Kommentatoren zogen die Parallele zum Sturm Bagdads durch die Mongolen.[10] Die systematischen Zerstörungen machten den Weg frei für eine völlige Neuordnung des Irak gemäß US-amerikanischen Vorstellungen und Interessen. [11]
Paul Bremer beklagte sich in einem Interview über die Ungeduld der Iraker. „Nach 35 Jahren politischem und ökonomischem Missmanagement“ unter dem Baath-Regime, „könne man die Probleme nicht innerhalb dreier Wochen oder Monate lösen.“ Das mag zwar US-Bürgern einleuchten, Irakern kaum, die die USA für die weitgehende Zerstörung ihrer Infrastruktur durch zwei Kriege und das Embargo verantwortlich machen. Sie müssen nun zudem hilflos mit ansehen, wie der Ausverkauf ihres Landes beginnt. „Der fürchterliche Angriff auf das Leben der Iraker durch Streubomben“, könnte, so der pakistanische Journalist Humeira Iqtidar, „von der großräumigen Enteignung in den Schatten gestellt werden, welche ihnen durch die Privatisierung droht: nicht nur ihrer Ölressourcen, sondern auch von Gesundheitsdiensten, Wasser, Elektrizität, Transport, Erziehung, Pharmazie und Telekommunikation.“[12]
In der Tat sollen alle staatlichen Betriebe und Einrichtungen, einschließlich der Grundversorgung, wie z.B. Wasser, privatisiert, d.h. an ausländische Konzerne übergeben werden. Die Washington Post sprach daher auch von der größten „feindlichen Übernahme“ der Geschichte. Die landwirtschaftliche Bewässerung beispielsweise wurde bereits in die Hände der Bechtel Group gelegt, die sich mit dem Vertrag für den Wiederaufbau der irakischen Infrastruktur nicht nur Milliardeneinnahmen, sondern auch eine beherrschende Stellung im Land sicherte.[13]
Die Pläne für die völlige Umgestaltung des Landes waren schon lange vor dem Krieg detailliert ausgearbeitet worden. In einem hundertseitigen Papier des US State Department (“Moving the Iraqi Economy from Recovery to Sustainable Growth”) wird ausführlich beschrieben, wie beispielsweise die irakischen Gesetze umzuschreiben sind, inklusive genauer Formulierungen der zukünftigen Steuergesetze und Copyright-Bestimmungen oder wie der Banksektor übernommen werden soll. Sogar an den Entwurf eines Antrags des Iraks auf Mitgliedschaft in der WTO wurde gedacht.[14] Auch die detaillierte Kostenaufstellungen für die beim US-Kongress beantragten Gelder für den „Wiederaufbau“ zeigen, dass sich die USA im Irak eine Kolonie nach ihrer Fasson zurecht zimmern möchten: die Liste geht von der Änderung des Postsystems und die Einführung eines US-ähnlichen ZIP-Codes bis zum Bau zweier Hochsicherheitsgefängnisse.[15]
Obwohl das geltende Völkerrecht Besatzungsmächten verbindlich vorschreibt, die vorhandenen Gesetze und gesellschaftlichen Strukturen zu respektieren und die Wirtschaft treuhändlerisch zu verwalten, bis eine neue souveräne Regierung im Amt ist,[16] wurden bereits Dutzende staatlicher Unternehmen und Ministerien zum Ausverkauf ausgewählt.[17]
Auf dem World Economic Forum im Juni hatte Bremer seine „Schocktherapie“ für den Irak angekündigt. Durch die Öffnung der Grenzen des Iraks soll der Konkurrenzdruck erhöht und so – in Verbindung mit Subventionsstreichungen – die irakischen Firmen zu Produktivitätssteigerungen gezwungen werden.[18] Den durch das Embargo ohnehin stark angeschlagenen Unternehmen droht wie auch den Bauern, wenn sie ungeschützt dem internationalen Wettbewerb ausgesetzt werden, der endgültige Ruin. Der Abbau von Subventionen zielt zudem auf die Sozialprogramme des alten Regimes, das mit Hilfe der Öl-Einnahmen die Preise für Basisgüter und – Dienstleistungen gesenkt hatte.[19]
Krieg und die Engpässe an Energie und damit Wasser haben auch die diesjährige Ernte stark dezimiert, aufgrund fehlenden Treibstoffs konnten davon oft nur Bruchteile eingefahren werden. Die von der Besatzungsbehörde eingesetzte Übergangsverwaltung kündigte an, die staatlichen Zuwendungen im kommenden Jahr zu halbieren. Da das Bankensystem zusammenbrach, wird es auch keine Kredite geben. Ein Großteil der Bauern und landwirtschaftliche Genossenschaften steht somit vor dem Aus. Bereit stehen hier schon die aus dem Exil heimkehrenden ehemaligen Großgrundbesitzer und die großen US-Agrarkonzerne, die mit Daniel Amstutz einen aus ihren Vorständen als US-Beauftragter für das Agrarwesen im Irak haben.[20]
Ende September erließ Paul Bremer mit der Verfügung Nr. 39 ein entsprechendes Wirtschaftsprogramm: Ausländer können nun irakische Unternehmen zu 100 Prozent übernehmen. Ausnahme ist die Öl- und Gaswirtschaft, die weiterhin einem von den USA geführten Fonds unterstellt bleibt. Profite können ohne Abzüge unmittelbar ins Ausland transferiert werden. Einkommens- und Körperschaftssteuern werden zunächst nicht erhoben und später maximal 15 Prozent betragen. Sechs ausländische Banken bekamen den Zuschlag in den nächsten Jahren die irakischen Finanzinstitute komplett zu übernehmen. Einheimische Wirtschaftsexperten, wie der Chef der Commercial Bank of Iraq, Mohammad Dragh, lehnen das Programm ab. Doch die Iraker werden nicht gefragt. Dies sei kein Vorschlag, sondern Gesetz, stellte ein US-Beamte gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters klar: „In einem Land wie Irak kann man Geld machen.“[21] „Kriegsbeute“ nennt dies Brian Whitaker vom britischen Guardian, „das moderne Äquivalent zur Plünderung“ eines eroberten Landes in früheren Zeiten.[22]
„Der besetzte Irak“, so Naomi Klein, „wird in ein perverses Versuchslabor für eine freischwebende Freie Marktwirtschaft verwandelt, so wie Chile für Milton Friedmans ‚Chicago boys’ nach dem Putsch 1973. Friedmann nannte es ‚Schockbehandlung’, obwohl es eher, genau wie im Irak, ein bewaffneter Raubüberfall auf durch Bomben Geschockte war“. [23]
„Der Krieg ist nicht vorbei“ urteilt daher zurecht die in Beirut geborene US-Wissenschaftlerin Rania Masri. „Der Krieg ist gerade erst in eine andere Phase gewechselt. Phase I war der Golfkrieg 1991. Phase II waren die zwölfeinhalb Jahre andauernden Sanktionen. Phase III war die Bombardierung und Invasion des Iraks im Jahr 2003. Phase IV, der derzeitige Krieg, ist die Besatzung des Iraks und die Invasion der Konzerne.“[24]
Folgerichtig wächst der aktive Widerstand in der Bevölkerung – neben Demonstrationen, Verweigerung der Mitarbeit und anderen Formen zivilen Widerstands, sehen sich die Besatzungstruppen einem regelrechten Guerillakrieg gegenüber, der ihnen tägliche Verluste zufügt und effektiv die Wiederaufnahme des Erdölexports behindert. Bis Ende September hatten diese Angriffe weit über 1500 Tote und Verwundete unter den britischen und amerikanischen Soldaten gefordert.[25] Im pfälzischen Landstuhl landeten 6.684 Patienten, die in den Lazaretten im Irak nicht ausreichend versorgt werden konnten, 5.377 davon nachdem Präsident Bush am 1. Mai das Ende der Hauptkampfhandlungen verkündet hatte.[26] Die Gesamtzahl der Soldaten, die schwer verwundet, verstümmelt oder psychisch traumatisiert in die USA zurückkehrten, summierte sich Presseberichten zufolge bereits im August auf weit mehr als 8.000.[27] Insgesamt 357 alliierte Soldaten waren bis 1. Oktober im Irak gefallen – ohne moderne Schutzausrüstung und die großen Fortschritte in der Militärmedizin, wäre diese Zahl sogar noch um vieles höher.[28]
Nach Angaben des Kommandeurs der Besatzungstruppen im Irak, General Sanchez waren die US-Soldaten im September mit 20 bis 30 Angriffen täglich konfrontiert.[29] Robert Fisk berichtete sogar von bis zu 60 Angriffen pro Nacht in Bagdad.[30] Und die Guerilla wird stärker und effektiver, wie auch General Sanchez einräumen musste. So starben am 18. September elf US-Soldaten in einer Nacht, als bei El Chalidija nach einem ersten schweren Angriff auf einen US-Konvoi, die zu Hilfe eilenden Einheiten in einen weiteren Hinterhalt gerieten.[31]
Während die Zahl der toten US-Soldaten genau erfasst ist und in den Medien Beachtung findet, gibt es auch nach Kriegsende keine Statistiken darüber, wie viele Iraker bei Razzien, Demonstrationen oder durch Überreaktionen und Rücksichtslosigkeit angelsächsischer Soldaten ums Leben kamen. Die Besatzungsbehörden verweigern auch dem Roten Kreuz jegliche Auskunft darüber.[32]
Wenn auch die Verluste schmerzhaft sind, stellt die Guerilla im Irak das Pentagon rein militärisch noch vor keine größeren Probleme. Auch wenn das von US-Politikern und Militärs ungern gehörte „Vietnam“ immer häufiger fällt, so sind die Verhältnisse im besetzten Zweistromland davon noch weit entfernt. „Um es derb zu sagen: ich denke, dass das Land das aktuelle Niveau von Verlusten akzeptieren kann“, meinte daher der Militärexperte Richard Stoll von der Rice University im texanischen Houston.[33]
Die Situation ist für die Besatzer dennoch schwieriger, als sie zugeben wollen. Die bewaffneten Aktionen werden nicht nur, wie sie gern glauben machen möchten, von versprengten Resten der Sicherheitskräfte des alten Regimes oder zugereisten religiösen Fanatikern getragen, sondern von einer Vielzahl unterschiedlich zusammengesetzter Gruppen und Organisationen. Sie sind vor allem aber auch konfrontiert mit einer prinzipiell feindseligen Stimmung in der Bevölkerung, die sich in gewaltfreien Protestaktionen, aber zunehmend auch in Ausbrüchen spontaner Gewalt äußert. Bilder von Anwohnern, die voll Genugtuung die Zerstörung von Militärfahrzeugen feiern, gehen um die Welt. Als ein Beispiel für die Stimmung im Land, schilderte Elias Bierdel, Vorsitzender der Hilfsorganisation „Cap Anamur“ in einer Rundfunksendung einen Vorfall, der sich im Juni, während seines Aufenthalts im Irak, ereignete: Ein US-Militärfahrzeug war in einen gewöhnlichen Autounfall verwickelt worden. Als die beiden US-Soldaten aus ihrem Fahrzeug stiegen, wurden sie von der aufgebrachten Menge erschlagen.[34]
Die meisten Stadtviertel sind für die Besatzungstruppen Feindesland. „Auf der Feindseite der Brücke“ antworte auch ein GI, der von US-Journalisten nach seinem Standort befragt wurde. Die GIs begegnen der aus ihrer Sicht so undankbaren Bevölkerung ebenfalls aggressiv: rüder Ton und obszöne Ausdrücke herrschen im Umgang mit den „Befreiten“ vor.[35] Die „Feindseligkeit der örtlichen Bevölkerung gegenüber dem U.S. Miltiär“, beschränkt auch, so der private US-amerikanische Nachrichtendienst Stratfor, dessen Möglichkeiten „sich Informationen über die Guerillas zu verschaffen oder wenigsten zwischen Guerillas und durchschnittlichen Irakern unterscheiden zu können.“ [36]
Die Ablehnung der angelsächsischen Besatzung ist unabhängig von der Gegnerschaft zum alten Regime: „Es ist wahr, es war ein schreckliches Regime, aber es gab einen funktionierenden Staat,“ so der Tenor vieler Äußerungen gegenüber ausländischen Journalisten.[37]
Noch unterstützt nur eine Minderheit aktiv den militanten Widerstand. Müde und zermürbt von den Kriegen und den Sanktionen, streben die meisten Iraker hauptsächlich nach einer spürbaren Besserung der verheerenden Lebensumstände, vor allem nach Ruhe und Sicherheit. Doch wie auch UN-Mitarbeiter warnen, verlieren immer mehr Menschen die Geduld und könnten bald bereit sein, ebenfalls bewaffnet gegen die Besatzer vorzugehen.[38]
Der Sydney Morning Herald sieht bereits „eine wachsende Basis für eine Palästina- oder Belfast-ähnliche Verbundenheit mit dem Widerstand“: eine zentral gesteuerte Bewegung, „die von Nationalismus ebenso getragen wird, wie von der Moschee ... eine Bewegung die Saddam und seine Baath-Partei hinter sich gelassen“ habe und bereits ausländische Gelder für ihr Bemühen erhalte, die US-Armee aus dem Land zu werfen. [39]
Ulrich Ladurner, der für die Wochenzeitschrift Die Zeit aus dem Irak berichtet, zeigt an Hand mehrerer Beispiele, wie stark die Sympathien für die Guerilla mittlerweile sind. „Die Amerikaner sind Barbaren, sie schauen auf uns herab wie auf Tiere,“ so der Eindruck direkt von Aktionen der Besatzungsmächte Betroffener. Militanter Widerstand ist nach Ladurners Ansicht daher meist eine Reaktion auf konkrete lokale Ereignisse.[40]
Die stärker und militanter werdende Opposition gegen die Besatzung, kommt in den verschiedensten Schattierungen daher, stellt die International Crisis Group (ICG) in einem Memorandum fest.[41] Neben den auf Stammesstrukturen und Moscheen basierenden Organisationen, gibt es auch die Gruppierungen, die sich aus den Resten des gestürzten Regimes rekrutieren oder anderen säkularen, patriotischen und linken Organisationen angehören. Erfahrene ehemalige Militärangehörige finden sich in allen Organisationen, ein Grund für den hohen Grad an Professionalität. Falls sich die Situation nicht rasch ändert, so die ICG, könnten die Unterschiede zwischen den Gruppierungen bald verblassen und sich auch radikale Schiiten in den Kampf stürzen.
Der Widerstand ist auch nicht auf Bagdad und das sogenannte „sunnitische Dreieck“, die Region westlich und nördlich von Bagdad, beschränkt. Aktionen werden auch aus dem schiitischen Süden gemeldet. Die Guerillaaktivitäten sind dort allerdings deutlich geringer. Hier hatten unmittelbar nach Zusammenbruch der alten Staatsmacht in vielen Städten schiitische Organisationen oder der Klerus die lokale Kontrolle übernommen. Die Schiiten hatten im Südirak seit 1998 weitgehende Autonomie bei der Wahrung ihrer inneren Belange erhalten, die die religiösen Kräfte zur Ausweitung ihres Einflusses in der Bevölkerung gut genutzt hatten. Dies half ihnen das Machtvakuum rasch zu füllen. Auch weniger religiöse Iraker waren in einer Gesellschaft, wo aufgrund des Embargos, 60% der Bevölkerung vollständig von der Lebensmittelverteilung des Staates abhingen, bereit, sich nach dessen plötzlichen Zusammenbruch den religiösen Führern unterzuordnen. Über die Moscheen verfügen diese über eine Organisationsstruktur, die sich sowohl bei der Verteilung von Hilfsgütern und anderen sozialen Aufgaben, als auch bei der Bildung von Selbstschutzgruppen zur Wiederherstellung von Sicherheit und Ordnung bewährten. So gab es beispielsweise in den von ihnen kontrollierten Städten Nadjaf und Kerbela keine Plünderungen. Gestiegen ist allerdings dadurch auch der Druck auf alle Mitbürger, sich an die strengen islamischen Regeln zu halten.[42]
Auch wenn ein Großteil der Schiiten gegen das Baath-Regime eingestellt war, verurteilte die Mehrheit den Krieg und lehnt die Besatzung strikt ab. Die meisten ihrer Führer wenden sich im Moment aber noch gegen bewaffnete Aktionen und bauen – im Vertrauen auf ihre zahlenmäßige und organisatorische Stärke – ihre Machtbasis und Infrastruktur weiter aus. Der Druck auf die Besatzer, die schiitischen Organisationen real an der Macht zu beteiligen, steigt: falls dem nicht nachgegeben wird, drohen nach Ansicht vieler Beobachter, Volksaufstände, die mit den aktuell verfügbaren Truppen schwer unter Kontrolle zu bringen wären.[43]
Mit Besorgnis registrieren die Besatzungsmächte auch Ansätze einer Koordination zwischen einflussreichen sunnitischen und schiitischen Kräften. So berichtete die Washington Post von einer engeren Zusammenarbeit des jungen und radikalen Geistlichen Moktada al-Sadr mit dem angesehenen sunnitischen Religionsführer Ahmed al-Kubeisi aus Bagdad. Kubeisi ein charismatischer Führer und Angehöriger eines bedeutenden Clans, hat auch schon mehrfach, zur „Festigung der Einheit der Muslime“, Anhänger beider Konfessionen zu gemeinsamen Gebeten aufgerufen.[44] Al-Sadr, Sohn des angesehenen Religionsführer Ayatollah Sadeq as-Sadr, der 1999 hingerichtet wurde, ist mit seinen 30 Jahren zu jung, um als religiöse Autorität zu gelten. Er verfügt aber über das Netzwerk von Sozialeinrichtungen, Schulen und Moscheen seines Vaters und seine radikale Haltung gegenüber den Besatzern hat ihm darüber hinaus eine große Anhängerschaft unter den jungen und armen Muslimen verschafft. In den Armenvierteln Bagdads und Basras, deren Bevölkerung am stärksten unter den Verhältnissen seit Kriegsbeginn leiden, gilt seine Organisation als führende Kraft. Auf seinen Aufruf an alle schiitischen Männer, sich für eine unabhängige schiitische „Armee des Mahdi“ zu melden, haben sich Medienberichten zufolge bereits eine Million als Freiwillige in die entsprechenden Listen eingetragen.[45] Diese „Armee“ steht vorwiegend noch auf dem Papier. Westlichen Journalisten gegenüber gaben sich Aktivisten dieser „Armee“ allerdings recht kampfbereit und wiesen darauf hin, dass jeder zu Hause seine privaten Waffen habe. [46] Anfang Oktober kam es im Madinat-Sadr, einem schiitischen Stadtteil von Bagdad, zu ersten bewaffneten Zusammenstößen mit US-Truppen.[47] Die US-Militärs haben Al Sadr mehrfach gedroht, den Bogen nicht zu überspannen. Davor, ihn festzunehmen, scheuten sie bisher zurück. In Nadjaf kam es im Juli zum Aufstand, als die Nachricht umging, US-Truppen würden das Haus des aufrührerischen Imams einkreisen.
Anfang Oktober meldete die „Nationale Front zur Befreiung des Irak“ dass es gelungen wäre, Widerstandsgruppen aus mehr als einem Dutzend größerer Städte und Provinzen unter einer einheitlichen Führung zusammen zufassen. Sie deutete dabei an, dass Kontakte auch zu baathistischen Gruppierungen bestünden, die nicht loyal zum gestürzten Präsidenten Saddam Hussein stehen.[48]
Der irakische „Prokonsul“ Paul Bremer III, der Mann, der im Irak passender Weise im „Geschäftsanzug und Kampfstiefen“(Robert Fisk) auftritt, schlägt angesichts der eklatanten Undankbarkeit seiner Untertanen schärfere Töne an. Von „irakischer Freiheit“ ist da keine Rede mehr: „Wir werden sie [die Widerstandskämpfer] bekämpfen und ihnen unseren Willen aufzwingen und wir werden sie fassen ... oder töten, bis wir unser Gesetz und Ordnung im Land durchgesetzt haben. Wir dominieren das Geschehen und werden dem Land unseren Willen aufzwingen.“[49]
Diese Einstellung bekommen weite Teile der Bevölkerung unmittelbar zu spüren. Großangelegte Razzien, willkürliche Gefangennahmen, Erschießungen und regelrechte Menschenjagden sind an der Tagesordnung. Selbst vor Geiselnahme schrecken die Besatzungstruppen nicht zurück, um Gesuchte zu zwingen, sich zu stellen.[50] Anschläge auf Besatzungstruppen werden mit regelrechten Strafaktionen gegenüber der Bevölkerung am Ort des Geschehens beantwortet.
Immer wieder fordert auch das gewaltsame Vorgehen gegen Demonstrationen, Tote und Verletzte. Amnesty International wirft den US-amerikanischen und britischen Truppen in einem Memorandum zudem vor, Tausende irakische Gefangene ohne Anklage und unter entsetzlichen Bedingungen festzuhalten: Die Gefangenen müssen in Zelten oder sogar unter freiem Himmel bei Tagestemperaturen von mehr als 50 Grad ausharren; sie werden mit lauter Musik beschallt und zu schmerzhaften Körperhaltungen gezwungen; die Wasserrationen sind so knapp, dass sich die Gefangenen oft wochenlang nicht waschen können. Auch von härteren Folterungen wird berichtet: von stundenlangem Prügeln, ausgeschlagenen Zähnen und Misshandlungen mit Elektroschocks. [51]
"Irak könnte für Amerika das werden, was Afghanistan für das sowjetische Imperium war", befürchtet der Historiker Michael Ignatief von der Harvard Universität. [52] Zumindest müssen die Falken in Washington eine Reihe hochfliegender Pläne vorerst zur Seite legen. So sollte der Irak nach den Vorstellungen der „Neokonservativen“[53] nach der Eroberung Ausgangsbasis für Neuordnungspläne in der gesamten Region sein. Stattdessen wird nun die Besetzung des Zweistromlandes für lange Zeit erhebliche militärische Ressourcen binden.
Ein weiteres wichtiges Ziel war die Demonstration der US-amerikanischen Macht. Der Beweis ihrer Fähigkeit, ein Regime nach Gutdünken stürzen zu können, sollte eine wirksame Ausstrahlung auf die arabisch-islamische Welt entfalten, und eine gesellschaftliche Transformation im Sinne der USA im gesamten Mittleren Osten einleiten. Doch allein die Tatsache, dass es der britisch-amerikanischen High-Tech-Armee nicht gelingt, die Guerilla-Aktivitäten einzudämmen, untergräbt die Wahrnehmung, die die USA gerne mit diesem Krieg von sich verbreitet hätten – die einer allmächtigen Supermacht, die die Verhältnisse vor Ort nach ihrem Willen formen kann.
Ein unmittelbareres Problem ist die recht effektive Sabotage des Exports irakischen Öls. Hatte man doch in Washington und in vielen Konzernzentralen gehofft, die Wiederaufnahme der Ölexporte würde rasch erhebliche Summen für den „Wiederaufbau“ – richtiger Umbau – des Iraks einbringen. Ursprünglich schätzte die Bush Administration, dass die Ölexporte innerhalb von zwei Wochen nach Ende des Krieges wieder auf das Vorkriegsniveau gebracht werden könnten.
Regelmäßige Anschläge auf die Pipeline von Kirkuk nach Ceyhan in der Türkei, die für eine Million Barrel am Tag (bpd)[54] ausgelegt ist, verhinderten bisher den Abtransport des wertvollen Rohstoffs aus dem Norden nahezu vollständig.[55] Das alte Regime konnte sich bei der Überwachung der Öl-Leitungen auf die örtlichen Stämme stützen. Alle Appelle der Besatzungsbehörden an die lokalen Stammesführer hingegen, ihnen für einen gewissen Obolus, beim Schutz der Pipeline zu helfen, waren aber bisher ohne Erfolg. Die zum Schutz der Pipeline beauftragte US-amerikanische Sicherheitsfirma, sah sich daher gezwungen die Zahl ihrer Wachmänner von 5.000 auf 11.500 zu erhöhen.[56]
Auch in der Mitte und im Süden Iraks beeinträchtigen Anschläge auf Pipelines und Sabotage an der Stromversorgung die Arbeit von Raffinerien und den Export von Erdöl. Mitte August lag der Export 30% unter dem, für den Süden anvisierten Ziel. Durch den Ausfall im Norden, erreicht das gesamte Exportvolumen noch nicht einmal die Hälfte der vorgesehenen Menge von 1,2 Mio. bpd.[57]
Der Widerstandbewegung gelingt es somit recht gut, den Raub des irakischen Ölreichtums zu beschränken. Das anvisierte Ziel der USA, den Export rasch wieder auf das Vorkriegsniveau von 2.8. Millionen bpd zu heben und damit ihre Kriegskasse zu füllen, liegt somit noch in weiter Ferne, ebenso wie eine baldige spürbare Entlastung der US-amerikanischen Steuerzahler. Selbst eine Exportquote von einer Million bpd würde erst knapp 150 Millionen netto pro Woche einbringen, weit entfernt also von der Milliarde, die Washington jede Woche allein für die Besatzung ausgeben muss.
Präsident Bush sah sich gezwungen, vom Kongress weitere 87 Milliarden Dollar für die Besatzung und Wiederaufbau im Irak und Afghanistan zu fordern. Eine gewaltige Summe, die, wie Kritiker in den USA anmerkten, deutlich über den Ausgaben von Bushs Regierung für Bildung in diesem Jahr liegt, und das Haushaltsdefizit zum erstenmal auf mehr als eine halbe Billion Dollar anwachsen lässt.[58]
Die USA beherrschen nun 12 Prozent, vielleicht sogar 25 Prozent der Ölreserven der Welt, können es aber nicht sprudeln lassen. Die erforderlichen Investitionen sind gigantisch, und könnten eine Wirtschaftskrise in den USA erzeugen. Das, so Robert Fisk, bringe die Bush-Administration weit mehr in Panik als die Guerilla. „Sie haben die Hand auf der größten Schatztruhe der Welt, können den Deckel aber nicht öffnen“[59]
Tägliche Raketenangriffe auf Flugzeuge verhinderten bisher auch die Wiedereröffnung der Flughäfen von Bagdad und Basra für den Linienverkehr. Ein von General Ricardo Sanchez, dem Kommandeur der Besatzungstruppen im Irak, vorgestelltes Programm beweist deren Hilflosigkeit dagegen: Um das Risiko für ihre Flugzeuge zu reduzieren, würden sie, so Sanchez gegenüber der New York Times, den Irakern für jede tragbare Boden-Luft-Rakete 500 US-Dollar bieten – bisher mit geringem Erfolg.[60]
Im Gespräch mit der New York Times weist Gen. Sanchez ungewollt auch auf eines der grundlegenden Probleme der Besatzungstruppen hin: je massiver sie gegen die Guerillabewegung vorgehen, desto mehr Menschen treiben sie dieser zu. Die brutalen Razzien mit zahlreichen Opfern unter völlig unbeteiligten Personen, die demütigenden Behandlungen, wie stundenlanges Knien mit der unvermeidlichen Kapuze oder Augenbinde, die willkürlichen Verhaftungen und die unerträglichen Haftbedingungen führen selbstverständlich zu einer Radikalisierung der Bevölkerung.[61]
Versuche, mit rückkehrenden Exilirakern, die der einstigen sog. „Irakischen Opposition“ angehören, etwas Rückhalt in der Bevölkerung zu gewinnen, sind gescheitert, da diese als Marionetten der USA abgelehnt werden. Auch der sogenannte „Regierende Rat“ – ein 25-köpfiges vom US-Statthalter Paul Bremer handverlesenes Gremium, das ihm direkt untersteht, wird vom überwiegenden Teil der Bevölkerung nicht als provisorische Regierung anerkannt. Seine Zusammenstellung erfolgte anhand ethnischer und konfessioneller Kriterien, auf die Bremer und seine Leute das komplexe gesellschaftliche Spektrum des Iraks reduzierte.[62] „Mittelalter statt Zivilgesellschaft“ charakterisierte Karl Grobe diese Vorgehensweise in der Frankfurter Rundschau treffend.[63] Es dominieren in ihm naturgemäß die Kräfte, die bereits vor dem Krieg mit den USA verbündet waren und die, die den angelsächsischen Überfall zwar nicht öffentlich unterstützt, so doch, wie die irakische KP, wohlwollend begrüßt haben. Acht der neun abwechselnden Präsidenten sind Exiliraker oder Kurden. Mit wenigen Ausnahmen, wie dem pro-iranischen „Obersten Rat des islamischen Widerstands“ SCIRI, der ältesten radikal-schiitischen Partei, DAWA und den beiden kurdischen Organisationen PUK und KDP, verfügen die Ratsmitglieder im Irak über keine nennenswert Basis.
Selbst der gemäßigte, sich politischen Äußerungen in der Regel enthaltende, ranghöchste schiitische Geistliche im Irak, Ayatollah al-Sistani, sah sich auf Grund der Stimmung im Lande genötigt, eine „Fatwa“ auszusprechen, die dem Rat jegliche Legitimität abspricht und den Gläubigen eine Zusammenarbeit mit dem Gremium verbietet.
Die Zusammenarbeit der US-Vertreter mit den kooperationsbereiten schiitischen Organisationen ist stark von gegenseitigem Misstrauen geprägt. Auf US-Seite steht einer engeren Allianz vor allem die Ablehnung eines islamistisch geprägten Staates und die Furcht vor einem größeren Einfluss des Iran entgegen.
Das Pentagon setzt beim Aufbau eines geeigneten irakischen Regimes weiterhin lieber auf den zwielichtigen Geschäftsmann Achmed Chalabi, der in Jordanien wegen eines Bankbetrugs in Höhe von 288 Millionen US-Dollar eine 22-jährige Gefängnisstrafe zu erwarten hat, und seinen Irakischen National-Kongress (INC). Seine in der Washington Post präsentierten Vorschläge, wie das Land zu befrieden sei, geben eine Vorstellung davon, was von einem Irak unter dem Übergangsrat als souveräner Regierung zu erwarten wäre.
Die Besatzungstruppen sollten, so Chalabi, rasch zu Tausenden alle Baathisten, ehemaligen Sicherheitskräfte und Militärs festnehmen und verhören, ebenso deren Brüder, Neffen und Vettern. Der INC könne entsprechende Listen und Aufenthaltsorte nennen und bei den Verhören assistieren. In einem großen Streifzug sollten Besatzungstruppen die Städte, wo es Widerstand gibt, einkesseln und den Bewohnern ein 48-stündiges Ultimatum stellen, alle Waffen auszuliefern. In Häusern, wo danach noch Waffen gefunden würden, sollten alle männlichen Bewohner inhaftiert werden.”[64]
Chalabi und seine Leute sind berüchtigt. Sie hatten in den Jahren zuvor viel von den tendenziösen Falschinformationen geliefert, mit denen der Krieg gerechtfertigt wurde. Seine vom Pentagon trainierte und bewaffnete Miliz, die „Free Iraqi Forces“, trieb nach dem Fall Bagdads so ungeniert nach Mafia-Art ihr Unwesen – u.a. Raubüberfälle, Hausbesetzungen, Autodiebstähle – dass die US-Truppen sie auflösen mussten.[65]
Chalabi drängt, wie eine Reihe anderer Ratsmitglieder, auf eine rasche Übergabe der Regierungsgewalt an den Übergangsrat. Gleichzeitig lehnen er und seine Kollegen auch eine stärkere Rolle der UNO beim Aufbau repräsentativer Strukturen und der Erarbeitung einer neuen Verfassung ab.[66] Dies ist verständlich, haben sie doch nur solange eine Chance auf eine Beteiligung an der Macht, solange die Organisationen außen vor bleiben, die tatsächlich wesentliche Teile der Bevölkerung repräsentieren.
Massenhafte Sippenhaft, Belagerung ganzer Städte und Zusammentreiben verdächtiger Männer, wie von Chalabi vorgeschlagen, und dies noch unterstützt von paramilitärischen Einheiten des INC und der anderen, mit den USA verbündeten, Organisationen: das „irakische Gesicht“ eines solchen Regimes wäre das altbekannte einerUS-gestützten Diktatur, wie wir sie aus Nicaragua, Haiti, Kuba, Vietnam usw. kennen.
[1] „Der Alltag ist unsicher – Bilanz der Besatzung in Irak“, Frankfurter Rundschau, 11.10.2003
siehe auch den ausführlichen Bericht von Suzanne Goldenberg: A land ruled by chaos, The Guardian, 4.10.2003
[2]siehe: Baghdad's Packed Morgue Marks a City's Descent Into Lawlessness, Los Angeles Times, 16.9. 2003
sowie Open War Over, Iraqis Focus on Crime and a Hunt for Jobs, New York Times, 16.9.2003
[3] Robert Fisk: Secret slaughter by night, lies and blind eyes by day, The Independent, 14 9. 2003
[4] Long Road to Recovery For Baghdad Hospitals, Washington Post, August 17, 2003
[5] Alain Gresh: „Falsche Vorstellung“, Le Monde Diplomatique, September 2003
[6] Siehe Tagebuchnotiz v. 28.8.2003 unter „Baghdad Burning“, http://riverbendblog.blogspot.com/
[7] David Bacon: In Iraq, Labor Protest is a Crime, Counterpunch, August 24, 2003
http://www.counterpunch.org/bacon08252003.html
[8] s auch Walter Sommerfeld, Land unter Schock – Der Irak nach dem Krieg http://www.embargos.de/irak/irakkrieg2/berichte/land_unter_schock_sommerfeld.htm
[9] Siehe J. Guilliard, Die Kolonisierung des Iraks im Geiste der Conquista, jungen Welt v. 5/6.5.2003
[10] Kareem M. Kamel, From Mongols to Marines: The New Ugly Empire, Islam Online, 15.4.2003
[11]Auch aus den kurdischen Provinzen wird berichtet, dass Betriebe, Lagerhallen etc., die bereits von kurdischen Verbänden gesichert worden waren, von der US-Armee übernommen und dann zur Plünderung freigegeben worden waren. Die Kurden sehen dahinter, so ein Mitarbeiter der im Nordirak tätigen Hilfsorganisation Haukari, die Strategie, die ökonomischen Bindungen zu Europa zu lockern, da der Wiederaufbau der zerstörten Betriebe nun ausschließlich mit US-amerikanischen Produkten erfolgt (Bernhard Winter, „Der Irak vom Norden aus betrachtet“, in analyse&kritik, 15.8.2003)
[12] Humeira Iqtidar, "Celebration in Iraqi streets," ZNet, April 23, 2003, (auf deutsch unter http://www.zmag.de/article/article.php?id=611 )
[13] 'Bechtel wins contract prize', The Guardian, April 18, 2003
siehe hierzu auch Rania Masri: „Auf- oder Abbau des Irak“, http://zmag.de/article/article.php?id=739
[14] Siehe „Bush Officials Draft Broad Plan For Free-Market Economy in Iraq“, Wall Street Journal, 1.5.2003 und „Privatising“, Baghdad Bulletin, August 31st, 2003
[15] Bush Paper Details Iraq Spending Plan, AP, 23.9.2003
[16]Siehe Artikel 42ff der Haager Landkriegsordnung von 1907, sowie: Spoils of war, The Guardian, 13.10.2003
[17] Rania Masri a.a.O.
[18] Siehe das Transkript der Rede unter http://www.centcom.mil/CENTCOMNews/transcripts/20030604.htm
[19]. During [Saddam] Hussein's 24 years as president, he and his Baath Party drew on Iraq's oil wealth to subsidize the cost of basic items, creating something like a welfare state.“(Bremer Shifts Focus to New Iraqi Economy, Washington Post, May 27, 2003)
[20] Jefferey St. Clair: The Looting Of Iraq's Fields, Eat The State, July 2003,
sowie: Iraq planning sweeping shake-up of farm sector, Financial Times. 26.9.2003
[21] Karl Grobe: Ausverkauf der irakischen Wirtschaft, Frankfurter Rundschau 23.09.2003
[22]Spoils of war, a.a.O.
[23] Naomi Klein, Free Trade Is War, The Nation, 29.9. 2003
[24] Rania Masri, a.a.O.
[25] siehe: US wounded in the shadows, Asia Times, 2.10.2003 und Resistance Has Changed the Balance of Power in Iraq, Guardian, 28.9.2003
[26] U.S. Commander Outlines Iraqi Attacks on Forces, Washington Post, 2.10.2003
[27] Jürgen Rose: Sag´, wo die Soldaten sind ..., FREITAG, 3.10.2003 und . Bill Berkowitz: Wounded, Weary And Disappeared, tompaine.com, Aug 28 2003)
[28] US wounded in the shadows, a.a.O, sowie: Number of Wounded in Action on Rise, Washington Post, September 2, 2003;
[29] U.S. Commander Outlines Iraqi Attacks on Forces, Washington Post, 2.10.2003
[30] Robert Fisk: Secret slaughter by night, lies and blind eyes by day, The Independent, 14 .9. 2003
[31] 8 U.S. Soldiers Killed in West Baghdad: Islam Online, 18.9.2003
[32] Farah tried to plead with the US troops but she was killed anyway, The Observer, 7.9. 2003
[33] 'Bring us home': GIs flood US with war-weary emails, Observer, 10.8.2003
[34] In der Rundfunksendung „Leute“ auf SWR1 am 2.7.2003
[35] Robert Fisk: Secret slaughter by night ... a.a.O.
[36] Iraq: Guerrillas Shift Tactics To Tie U.S. Forces Down, Stratfor, 20.8.2003
[37] Wasil al-Shameli gegenüber Suzanne Goldenberg, A land ruled by chaos .a.a.O.
[38] U.N. Official: Iraqis Ready to Turn on U.S. Troops, Reuters, August 13, 2003
[39] Inside the resistance, Sydney Morning Herald. August 16, 2003 http://www.smh.com.au/articles/2003/08/15/1060936052309.html
[40] Ulrich Ladurner: "Die Amerikaner sind Barbaren", DIE ZEIT, 42/2003
[41] ICG: Governing Iraq. 25 8.2003. Die „Int. Crisis Group“ ist ein multinationales Expertengremium, dem viele ehem. hochrangige Politiker, wie Oscar Arias, Martti Ahtisaari und Zbigniew Brzezinski, prominente Wissenschaftler und Militärs, wie z.B. der ehem. US-Generalstabschef Wesley Clark und Konzernchefs angehören und das auf eine starke NATO orientiert ist.
[42] Siehe ICG: Iraq’s Shiites under occupation, 9.9.2003, sowie Walter Sommerfeld, „Land unter Schock ..“, a.a.O.
[43] U.S. Counterinsurgency Strategies in Iraq , Stratfor, Jul 07, 2003
[44] Iraqi Clerics Unite in Rare Alliance - U.S. Fears Shiite, Sunni Cooperation Will Bolster Resistance, Washington Post, August 17, 2003
[45] Karl Grobe: „Die Helfer im Visier“, Frankfurter Rundschau, 20.08.2003
[46] Iraqis flock to Mahdi's Shia army, Daily Telegraph, 6.8.2002
[47] U.S., Shiites Disagree on Iraqi Clash, AP, 10.10.2003
[48] Iraqi Resistance Groups Form Unified Command, Islam Online, 2.10. 2003 http://www.occupationwatch.org/article.php?id=1181
[49] Bremer am 26.06.2003, zitiert nach „Resistance in Iraq, disarray in the U.S.“, Frontline, August 02 - 15, 2003
[50] Besatzer nehmen Geiseln - Drastische Fahndungsmethoden im Irak, junge Welt vom 30.07.2003
[51] Iraq - Memorandum on concerns relating to law and order http://web.amnesty.org/library/Index/ENGMDE141572003?open&of=ENG-IRQ
Amnesty International kritisiert u.a. auch, dass sich die Besatzungsmächte (die sogenannte „Coalition Provisional Authority“ (CPA) und die „Coalition Forces“ nach eigenen Angaben nur an die Standards der 4. Genfer Konvention gebunden fühlen. Da der Irak den gängigen Menschenrechtskonventionen beigetreten ist und diese zum großen Teil auch in nationales Recht umgesetzt hat, wäre die Besatzungsmacht auch diesem Recht verpflichtet.
[52] Michael Ignatieff, Why Are We In Iraq? (And Liberia? And Afghanistan?), NYT 7.9.2003
[53] so genannt, weil sich diese rechtsgerichteten Kreise von den eigentlichen Konservativen durch ihre Ideologie eines ungezügelten Interventionismus stark unterscheiden
[54] Ein Barrel sind 159 Liter
[55] Siehe Robert Fisk: Oil, War and Panic, The Independent 1.10.2003 und Iraq: Pipeline Sabotage and Reconstruction Concerns, Stratfor, 18.8.2003
[56] Sabotage Derails Iraqi Oil Supply - Pipeline Blown Up Days After Opening, Washington Post, August 17, 2003
[57] Iraq: Pipeline Sabotage and Reconstruction Concerns, Stratfor, 18.8.2003
[58] Bush Seeks $87 Billion and U.N. Aid for War Effort, New York Times, 8.9.2003
[59] Robert Fisk: Oil, War and Panic a.a.O.
[60] To Mollify Iraqis, U.S. Plans to Ease Scope of Its Raids, New York Times August 7, 2003
[61] Robert Fisk, The ugly truth of America's Camp Cropper, The Independent, 22 July 2003
http://www.zmag.org/content/showarticle.cfm?SectionID=15&ItemID=3947
siehe auch Ulrich Ladurner a.a.O.
[62] ICG, "Governing Iraq", a.a.O. S. 12f
[63] FR vom 28.08.2003
[64] Ahmad Chalabi :The View From Iraq , Washington Post, August 31, 2003;
[65] Gemäß Reuters wurden die gesamten „Free Iraqi Forces“ am 25 Mai aufgelöst.
[66] Iraqi Council Opposes OIC Call For Larger U.N. Role, Islam Online, 15.10.2003
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