Irak bleibt unter Kuratel

UN-Sicherheitsrat änderte Sanktionsmaßnahmen gegen Bagdad. Fischer äußerte sich zufrieden

Rüdiger Göbel, junge Welt vom 16.05.2002
 
Auf Initiative der USA hat der UN-Sicherheitsrat eine Lockerung der Sanktionen gegen Irak und damit eine Beibehaltung des Embargos beschlossen. Die 15 Mitglieder des Gremiums sprachen sich nach monatelangen Verhandlungen am Dienstag (Ortszeit) einstimmig für eine Modifizierung der seit zwölf Jahren andauernden Strafmaßnahmen aus. Kernstück der neuen Resolution ist eine rund 300 Seiten lange Liste von Waren, deren Import verboten bleibt, weil sie angeblich auch für militärische Zwecke genutzt werden könnten. Die Regelung soll das Programm »Öl gegen Lebensmittel« erweitern, das Irak die begrenzte Ausfuhr von Erdöl erlaubt, um Medikamente und Nahrung für die Bevölkerung kaufen zu können.

Bagdad darf der neuen Regelung zufolge alle Güter einführen, die nicht auf der sogenannten Warenausschlußliste verzeichnet sind. Die Importe müssen allerdings nach wie vor im Büro des Irak-Programms (OIP) angegeben werden. Damit wird dem Zweistromland eine eigenständige wirtschaftliche Entwicklung weiterhin verweigert.

Bislang mußte die Einfuhr fast aller humanitären Güter nach Irak extra genehmigt werden. Verträge im Wert von über fünf Milliarden Dollar liegen seit langem auf Eis. 90 Prozent davon haben die USA abgelehnt, die übrigen zehn Prozent Großbritannien. Begründet wird die Boykotthaltung stets mit dem Verweis, die Güter könnten potentiell militärisch genutzt werden. Mit diesem Verweis wurde in der Vergangenheit selbst die Einfuhr von Bleistiften oder Nitroglyzerintabletten abgelehnt.

Die US-Regierung bezeichnete den Sicherheitsratsbeschluß als »Fortschritt für die irakische Bevölkerung«. Ins gleiche Horn stieß Bundesaußenminister Joseph Fischer, als er am Mittwoch die Lockerung der Irak-Sanktionen begrüßte. Mit der entsprechenden Resolution werde die Einfuhr ziviler Güter »nochmals wesentlich erleichtert«, erklärte Fischer in Berlin. Der Beschluß vom Dienstag demonstriere den »politischen Konsens, Produktion und Verbreitung von Massenvernichtungswaffen durch Irak nicht zuzulassen«. Bagdad müsse mit den Vereinten Nationen zusammenarbeiten und »unverzüglich« die UN-Waffeninspektoren ins Land lassen, forderte der deutsche Außenamtschef.

Iraks Botschafter bei der UNO, Mohammed El Duri, kritisierte die Entschließung des Sicherheitsrates und forderte die Aufhebung des Embargos. Die 300seitige Verbotsliste werde jede Entwicklung der irakischen Wirtschaft verhindern. So werde weiter der Import von landwirtschaftlichem, elektrischem und sanitärem Gerät blockiert.

(Siehe auch Interview mit Joachim Guilliard)

 
Adresse: http://www.jungewelt.de/2002/05-16/003.php
 
© http://www.jungewelt.de