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Irak unter Besatzung

Der Überfall auf den Irak endete nach knapp vier Wochen mit dem militärischen Sieg der US-geführten Invasionstruppen. Mit Bildern relativ kleiner Ansammlungen von jubelnden Iraker ließen die Angreifer den militärischen Erfolg ihrer haushoch überlegenen Militärmacht als Befreiung des Iraks feiern.

Die Bilder abseits dieser Szenen sprachen jedoch eine andere Sprache: Krankenhäuser quollen über von verletzten und verstümmelten Menschen. In den Straßen lagen noch die verbrannten Körper von Bombenopfern und überall sieht man zerstörte Häuser, die ihre Bewohner unter sich begruben. Die Überlebenden protestieren zornig und mutig gegen die schwer bewaffneten Besatzer.

Auch viele Wochen nach dem Zusammenbruch des alten Regimes fehlte es noch überall am Nötigsten, die Situation in den Krankenhäusern blieb katastrophal. Die Besatzungsarmee wurde ihrer völkerrechtlichen Verpflichtung zur Versorgung der Bevölkerung nicht gerecht - im Gegenteil: tage- und wochenlang ließ sie Plünderungen freien Lauf. Nahezu alle Ministerien und öffentliche Einrichtungen wurden niedergebrannt, allein die irakischen Ölanlagen und das Ölministerium werden von den Besatzern bewacht. Während in den Städten immer noch Trinkwasser fehlte, Krankheiten wegen verseuchtem Wasser dramatisch zunahmen, war die Ölförderung bereits wieder angelaufen.

Der Sieg wurde allerdings nicht in vier Wochen erstritten, wie die Aggressoren weismachen wollen, sondern in mehr als zwölf Jahren: "Nachdem man den Irak mit freundlicher Hilfe der UN-Diplomatie (Wirtschaftssanktionen, Waffeninspektionen) in die Knie gezwungen und erreicht hatte, daß die Bevölkerung hungerte, eine halbe Million Kinder gestorben und die Infrastruktur des Landes erheblich zerstört war, und nachdem man - in einem Akt historisch beispielloser Feigheit - dafür gesorgt hatte, daß die meisten Waffen zerstört waren, schickte die 'Die Koalition der Willigen' ... eine Invasionsarmee ins Land. (Arundhati Roy in der FAZ, s.a. junge Welt: 13. Kriegsjahr - Schon lange vor Kriegsbeginn war der Irak nicht mehr souverän )

Angesichts des verhältnismäßig leicht errungenen Siegs, werden auch die Drohungen gegen andere missliebige Länder immer lauter. Über einen Angriff auf Syrien wird in den USA bereits offen diskutiert.

Dessen ungeachtet, begrüßte der Bundeskanzler den militärischen Erfolg der Verbündeten und strebte von nun an über die UNO nach einer Teilhabe am "Wiederaufbau" des Iraks. Ihren Frieden mit dem Krieg hatte die deutsche Regierung schon mit Beginn der Invasion gemacht: sie vermied jegliche förmliche Verurteilung der Aggression und gewährte den kriegführenden Staaten weiterhin militärische Unterstützung.

Doch dieser Krieg ist eine klare völkerrechtswidrige Aggression - er ist ein Verbrechen! Das Verbrechen der Aggression ist - gemäß den Prinzipien des Nürnberger Tribunals - das größte aller Menschheitsverbrechen, das sich, "von allen anderen Kriegsverbrechen allein dadurch unterscheidet, dass es in sich alle anderen beinhaltet". Alle Beteiligten sind auch individuell dafür strafrechtlich verantwortlich.

Das von den USA nun angestrebte Besatzungsregime ist die direkte Fortsetzung dieses Krieges und deshalb genauso Unrecht wie der Angriffskrieg selbst. Zu recht fordert daher Lutz Herden: "Wer jetzt zur Tagesordnung übergeht, kapituliert vor dem nächsten Krieg" (Leichenfeld Irak - Im Namen der Opfer, FREITAG v. 11.04.2003)


Irak nach dem Krieg

"Die Kritiker des Feldzugs sind in der Defensive", schreibt Alain Gresh in Le Monde Diplomatique, "als gäbe der Ausgang des Irakkriegs und der Untergang der Diktatur Saddam Husseins den Angreifern im Nachhinein Recht, obwohl die angeblichen Massenvernichtungswaffen bislang nirgendwo aufgetaucht sind." und stellt dem eine Zusammenstellung der Gräuel des Krieges entgegen: US-Amerikanische Kriegführung im Irak - Verbrechen, Lügen und Befreiung.

Der britische Journalist John Pilger hatte im Irak selbst "Blicke auf die verbotenen Wahrheiten des Überfalls auf den Irak" geworfen: "Ein Mann wickelt den Körper seiner kleinen Tochter in blutgetränkte Tücher. Eine in schwarz gekleidete Frau verfolgt einen Panzer mit ausgestreckten Armen; alle sieben Familienangehörigen sind tot. Ein US-Marine ermordet eine Frau, die zufällig neben einem Uniformierten steht. 'Tut mir leid,' sagt er, 'aber die Tussi stand mir im Weg.' (The Independent / ZNet, 05.04.2003)

Prof. Dr. Walter Sommerfeld, Professor für Altorientalistik in Marburg, reiste als einer der ersten deutschen Wissenschaftler nach dem Krieg in den Irak. In Land unter Schock - Der Irak nach dem Krieg berichtet er über seine Eindrücke und Ermittlungen, über die katastrophale Situation, die Beihilfe der US-Truppen beim Plündern, die irreparablen Schäden am kulturellen Erbe und die Stimmung in der Bevölkerung.

Auch Dr. Eva-Maria Hobiger, die Gründerin des Hilfsprojekts "Aladins Wunderlampe - Hilfe für krebskranke Kinder im Irak" reiste vom 27. April bis 11. Mai in den Irak. Ihr Reisebericht heißt Menschen ohne Hoffnung

Die Journalistin Karin Leukefeld berichtete u.a. in tageschau online und der jungen Welt aus Bagdad und Basra
Reisereportage: 550 Kilometer bis nach Bagdad
Reportage: Zustand Bagdads schockierend
Reportage: Alltag unter US-Besatzung
Reportage: Gestrandet im iranisch-irakischen Grenzgebiet
Straße der Ruinen - Iraks zweitgrößte Stadt liegt in Trümmern

Reportage: Ernüchterung in Basra
Aus »Saddam« wurde »Sadr«

Augenzeuge der ersten Tage unter Besatzung war Robert Fisk:
War over - try telling that to the Shias and the Badr Brigad
An Anti-Colonial War Against The Americans May Have Already Begun

Did the US Murder These Journalist
s
Anti-Colonial War.
For the people on the streets, this is not liberation but a new colonial oppression

A civilisation torn to pieces

Ausführliche würdigte Arundhati Roy auf ihre Art die Eroberung und Besetzung des Iraks in ihrem Vortrag Instant-Mix Imperial Democracy. Buy One, Get One Free auf einer vom Center for Economic and Social Rights (CESR) organisierten Veranstaltung am 13.5.in der für ihr soziales Engagement berühmten Riverside Church in Harlem, New York.
(Das CESR verfaßte mit Tearing up the Rules - The Illegality of Invading Iraq
eine der gründlichsten völkerrechtlichen Analysen des geplanten Krieges und veröffentlichte während des Krieges auch eine Studie über Water under Siege in Iraq - US Military Forces Risk Committing War Crimes.)


Plünderungen / Brandschatzung

Der oben erwähnte Bericht von Walter Sommerfeld und sein Artikel in der Süddt.- Zeitung Museen-Plünderungen in Bagdad - "Go in Ali Baba! It´s all yours" bestätigen, wie der Artikel von Alain Gresh, auch das, was zuerst in der schwedischen Tageszeitung Dagens Nyheter berichtet wurde: die Aufforderung zum Plündern durch US-Truppen, nachdem sie zuvor mit Panzern die Türen geöffnet hatten (US Forces Encourage Looting). Die junge Welt berichtete unter dem Titel Plündern nach Plan darüber.

Mit ziemlicher Sicherheit wurden die kostbarsten Stücke von organisierten Banden weggeschleppt. dass in den USA auch auf diese Schätze schon lange ein Auge geworfen worden war berichtete noch vor dem Krieg die Süddeutsche Zeitung unter Schnäppchen der Archäologie - Antiquitäten-Plünderung im Irak - Nach der militärischen Zerstörung droht dem Irak der Kulturraub durch die USA.

Mit Ausnahme des Öl- und des Innenministerium wurden alle Ministerien und nahezu alle öffentlichen Einrichtungen ein Raub der Flammen. Der berühmte Reporter des britischen Independent, Robert Fisk, berichtet u.a. in Anti-Colonial War, daß die Brände nicht von den Plünderern gelegt wurden, sondern von gut organisierten Trupps. Joachim Guilliard faßte in der jungen Welt die Berichte Fisks zusammen und stellte einen Zusammenhang zur geplanten Neuordnung des Iraks her: Die Diebe von Bagdad - Die Kolonisierung des Iraks im Geiste der Conquista


Kolonialverwaltung

"Wiederaufbau des Iraks? Nichts anderes als Privatisierung!", meint eine der bekanntesten KritikerInnen der neoliberalen Bewegung, Naomi Klein. Andere, wie Robert Fisk (Anti-Colonial War,) erinnert das Vorgehen der Invasoren, eher an den klassischen Kolonialismus, was aber wie in Die Kolonisierung des Iraks im Geiste der Conquista angedeutet wird, kein Widerspruch ist - auch die klassische koloniale Ausbeutung geschah auf privatwirtschaftlicher Basis. Im Irak ist daher ein "Corporate Colonialism" zu erwarten, so James Ridgeway.

Jan Oberg und seine KollegInnen von der schwedischen Transnational Foundation haben sich die Mühe gemacht nachzurecherchieren, wer den Irak regieren wird. Das aufschlußreiche Ergebnis findet sich auf ihrer Homepage unter Who are the top Americans running Iraq? 32 portraits - the most comprehensive analysis of the Americans in Iraq.


Dem infamen Kartenspiel, auf denen die USA die gesuchten Mitglieder der alten irakischen Führung abgebildet und an ihrere Truppen verteilt haben, nachempfunden, gibt es auf Spielkarten nun auch die gefährlichsten US-amerikanischen Politiker und Militärs : Le jeu de cartes du régime Bush - Les 52 plus dangereux dignitaires américains

Was es mit Kenntnissen der US-Führung über das Baath-Regime und seine Untaten auf sich hat, hat David Baran in Le Monde diplomatique mit bissigem Humor verfolgt Zeit der Irakologen - Gesicherte Erkenntnisse aus dem Kaffeesatz -Die Blamage des britischen Geheimdienstes hat das Problem der professionellen Bagdad-Watcher verdeutlicht.